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Berlin: „Das war kein sauberes Geschäft“ Grünen-Finanzexperte zum Olympiastadion

Herr Esser, das Olympiastadion wird noch im Dezember verstaatlicht. Was kostet das den Steuerzahler?

Herr Esser, das Olympiastadion wird noch im Dezember verstaatlicht. Was kostet das den Steuerzahler?

Ich nehme an, etwa vier Millionen Euro Zins und Tilgung jährlich für ein Baudarlehen, das vom Land Berlin übernommen wird, sobald das Nutzungsrecht der insolventen Walter Bau AG am Stadion erlischt. Dieser Großkredit erhöht den öffentlichen Schuldenberg Berlins noch in diesem Jahr um 40 Millionen Euro.

Außerdem reichen die Einnahmen aus dem Stadionbetrieb voraussichtlich nicht aus, um die Ausgaben zu decken.

Das sehe ich auch so. Hertha BSC zahlt eine sehr günstige Miete, durch andere Veranstaltungen kommt zu wenig Geld rein. Ein Rockkonzert pro Jahr hilft da nicht weiter. Damit lassen sich die Unterhaltskosten nicht decken. Ein jährliches Finanzloch von zwei Millionen Euro halte ich durchaus für möglich. Der Wirtschaftsplan der landeseigenen Olympiastadion GmbH müsste dann durch einen entsprechenden Zuschuss aus dem Berliner Haushalt ausgeglichen werden.

Dazu gibt es keine Alternative?

Man könnte sich einen privaten Sponsor für das Stadion suchen. Die Diskussion hatten wir ja schon, wenn auch bisher ohne Ergebnis. Dann müssten die Berliner allerdings damit leben, dass das Endspiel der Fußball-WM in der Nike-Schüssel oder in der Microsoft-Arena stattfindet. Ein solches Sponsoring täte in der Seele weh, brächte aber richtig Geld.

Der Senat könnte das Stadion verkaufen…

… an wen? Ich kenne keinen Kaufinteressenten. In den 90er Jahren schlug der Berliner Fußballverband eine „Colosseum- Lösung“ vor: das Stadion als Ruine stehen lassen und eine neue Fußballarena woanders bauen. Das Abgeordnetenhaus hat sich aber, auch mit den Stimmen der Grünen, für die Erhaltung des historischen Stadions ausgesprochen.

Wer ist schuld an der Misere?

Die Sanierung des Olympiastadions, die 237 Millionen Euro gekostet hat, war ein finanzieller Kraftakt. Der Bund trug mit 192 Millionen Euro die Hauptlast. Den Rest wollte der Senat in einer Art „Public Private Partnership“ stemmen. In Zusammenarbeit mit der Walter Bau AG, Hertha BSC und einer privaten Bank wurde eine komplizierte, labile Finanzierungskonstruktion aufgebaut. Das war kein sauberes Geschäft, es fehlte die klare Trennung zwischen öffentlichem und privatem Engagement.

Das Gespräch führte U. Zawatka-Gerlach.

Jochen Esser (54) ist finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus und sitzt seit 1999 im Berliner Parlament. Er ist zuständig für Haushalts- und Wirtschaftspolitik.

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