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Berlin: Dauerkranke Lehrer sollen zurück in die Schulen Grüne wollen sie außerhalb des Unterrichts einsetzen

Mediziner empfehlen Wiedereingliederungskurse

Trotz chronischen Lehrermangels verzichtet Berlin darauf, eine große kostenlose Personalressource zu nutzen: Pädagogen, die sich aus psychischen oder physischen Gründen nicht mehr in der Lage fühlen, vor einer Klasse zu stehen, bekommen keine Gelegenheit, eine andere Tätigkeit in der Schule auszuüben. Stattdessen werden Tausende in den Vorruhestand geschickt und Hunderte als „Langzeitkranke“ zum Nichtstun verurteilt.

Das wollen die Grünen ändern: Heute werden sie im Abgeordnetenhaus beantragen, dass Langzeiterkrankte auf freiwilliger Basis im „außerunterrichtlichen Bereich der Schule zum Einsatz kommen“. Dazu soll der Senat die nötigen „dienstrechtlichen und stellenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ schaffen.

Anlass für den Vorstoß ist die neue Rekordmarke bei den Langzeitkranken. Wie berichtet, stieg ihre Zahl zum neuen Schuljahr von 700 auf fast 1000. Die Grünen schätzen, dass etwa ein Drittel von ihnen andere Tätigkeiten wie „Erstellen von Unterrichtsmaterial, Betreuung von Referendaren, Verwaltungstätigkeiten oder Einzelförderung“ ausüben könnten.

„Der außerunterrichtliche Einsatz hilft den Schulen, dem Kollegium und dem Land Berlin“, erwartet der grüne Bildungsfachmann Özcan Mutlu. Außerdem erleichtere er den betroffenen Lehrern die Rückkehr in den normalen Dienst.

Hintergrund der Überlegungen ist die Tatsache, dass viele der betroffenen Lehrer zwar im Prinzip arbeitsfähig sind, aber mittel- oder langfristig nicht den Belastungen des Unterrichts gewachsen sind und sich schließlich im Heer der Burnout-Patienten wiederfinden – mit Depressionen, chronischen Schmerzen und Rückenleiden. Wenn ihnen nicht geholfen werden kann, landen sie im Vorruhestand.

Führende Burnout-Fachleute bedauern diese Entwicklung. Anders als die Grünen plädieren sie dafür, nicht vorrangig über alternative Einsatzmöglichkeiten nachzudenken, sondern die Rückkehr in den Unterricht zu erleichtern. „Ich würde Bildungssenator Zöllner raten, ein Coachingprogramm zu entwickeln“, meint etwa Bernd Sprenger, der als Direktor der Oberbergkliniken vorrangig mit psychosomatischen Erkrankungen zu tun hat. Jeder fünfte seiner Patienten ist Lehrer.

Wie wichtig es ist, den Betroffenen anders als bisher zu helfen, betont auch Helmut Albrecht, Chefarzt der Helios-Klinik für psychosomatische Orthopädie. Er schätzt, das 90 Prozent der Rückenschmerzen im weitesten Sinne psychosomatisch bedingt sein. Deshalb sei es auch so wichtig, mit den Lehrern fundierte „Rückkehrgespräche“ zu führen, in denen gezielte Hilfe angeboten werden müsse. Albrecht hält es für „rechtswidrig“, die Betroffenen in den Vorruhestand zu schicken, anstatt ihnen zu helfen. Wenn Zöllner jetzt vorhabe, eine Arbeitsgruppe mit dem Thema zu befassen (wir berichteten), solle er die Fachleute nicht vergessen, lautet der Appell der Ärzte.

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