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Berlin: Degussa darf am Holocaust-Mahnmal weiterbauen Kuratorium der Stiftung beschließt, dass NS-belastete Firma nach wie vor den Graffiti-Schutz für die Stelen liefern soll

Das Holocaust-Mahnmal wird mit Degussa weiter gebaut. Nach einer langen und ernsthaften Debatte habe das Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas entschieden, mit allen bisher am Bau beteiligten Firmen weiter zu machen, sagte Bundestagspräsident und Kuratoriumsvorsitzender Wolfgang Thierse gestern Abend.

Das Holocaust-Mahnmal wird mit Degussa weiter gebaut. Nach einer langen und ernsthaften Debatte habe das Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas entschieden, mit allen bisher am Bau beteiligten Firmen weiter zu machen, sagte Bundestagspräsident und Kuratoriumsvorsitzender Wolfgang Thierse gestern Abend. Eine Tochterfirma der Degussa hatte in der NS-Zeit das Gift Zyklon B geliefert, mit dem Millionen Juden in den Vernichtungslagern getötet wurden.

„Deutschland errichtet das Mahnmal für das eigene Volk, damit die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät“, sagte Thierse. Deshalb habe die Mehrheit des Kuratoriums entschieden, dass einzelne Teile der Gesellschaft oder einzelne Firmen nicht vom Mahnmalbau ausgeschlossen werden könnten. Natürlich habe es auch Stimmen aus dem Kuratorium gegeben, die wie der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Berlin, Alexander Brenner, bis zuletzt gegen eine weitere Zusammenarbeit mit Degussa waren. Der Chemiekonzern sei in besonderer Weise mit den NS-Verbrechen verbunden, denn Zyklon B sei ein Chiffre für den Massenmord geworden. „Über diese emotionale Ebene kann man nicht hinweggehen“, sagte Thierse.

Dennoch behält Degussa den Auftrag für den Graffitischutz. In der Sitzung wurde darüber allerdings auf Antrag von Lea Rosh, der stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden, nicht abgestimmt. Weil das Meinungsbild eindeutig gewesen sei, so Thierse. Rosh sagte anschließend: „Es ist wichtig, dass das Mahnmal gebaut wird“. Ähnlich äußerte sich auch Brenner: „Es wäre absurd, wenn man von der Beteiligung der Degussa den Bau abhängig gemacht hätte.“

Degussa liefert nicht nur den Stelenschutz. Auch für das Fundament wird der Betonverflüssiger einer Degussa-Tochter verwendet. Und in den Mahnmalstelen wird ein Produkt der Firma Bayer verarbeitet. Bayer war über die IG Farben ebenso wie Degussa an der Produktion von Zyklon B beteiligt. Auf dem Mahnmalgelände soll künftig an die Historie der beteiligten Firmen sowie die Debatte der vergangen Wochen erinnert werden.

Die Entscheidung für Degussa und Bayer sei auch aus praktischen Gründen gefallen, sagte Thierse. Die Suche nach alternativen Produkten hätte den Finanz- und Zeitrahmen des Mahnmalbaus gesprengt. Im Vorfeld der Kuratoriumssitzung hatte die Stiftungsgeschäftsführung ein Gutachten erstellt, das die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen eines Neuauftrags an eine andere Firma auflistet. Aus dem Gutachten ging hervor, dass ohne den Graffitischutz von Degussa die Kosten für das Mahnmal um 2,34 Millionen Euro steigen würden. Die Produktion müsste gestoppt, Schadensersatz an Degussa gezahlt und die bereits bearbeiteten Stelen entsorgt werden, hieß es aus Stiftungskreisen.

Dagmar Rosenfeld

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