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Ein Herz für Europa. 5500 Menschen demonstrieren am Sonntag auf dem Gendarmenmarkt für die EU.

© Laura Hofmann

Demonstrationen in Berlin: Der Puls Europas schlägt auf dem Gendarmenmarkt

Nicht gegen, sondern für etwas sein: Zum fünften Mal demonstrierten am Sonntag in Berlin Bürger für die EU. Jede Woche nimmt die Beteiligung zu - diesmal waren es mehr als 5000.

Von Laura Hofmann

Aus den Boxen klingt „Black or White“ von Michael Jackson, die Sonne scheint, und auf dem Gendarmenmarkt in Berlins Mitte stehen um kurz vor 14 Uhr am Sonntag schon einige Menschen mit blau-gelben EU-Flaggen in der Hand. Sie sind hier, um zu demonstrieren, aber nicht gegen etwas, sondern für eine Idee, die ihnen wichtig ist: ein vereintes, friedlichen Europa.

Zum fünften Mal kommen sie an diesem Ort zusammen und jedes Mal werden es mehr. Waren es in der vergangenen Woche noch etwa 3000 Menschen, die dem Aufruf der Bürgerinitiative „Pulse of Europe“ gefolgt sind, kamen an diesem Sonntag dem Veranstalter zufolge mindestens 5500.

Niklas Kossow, 28, und Jan Jakub Chromiec, 31, sind zwei von ihnen. Chromiek ist schon zum fünften Mal dabei. Der gebürtige Pole hält ein Schild, das Thomas Müller und Robert Lewandowski vom FC Bayern zeigt, dazu den Schriftzug „Poland and Germany – common goals“.

Jan Jakub Chromiec (li., 31) und Niklas Kossow (28) sind für die EU - und die deutsch-polnische Freundschaft.
Jan Jakub Chromiec (li., 31) und Niklas Kossow (28) sind für die EU - und die deutsch-polnische Freundschaft.

© Laura Hofmann

Um gemeinsame Ziele geht es auch den Initiatoren des „Pulsschlags Europas“: Sie wollen mit ihren Demos deutlich machen, was ihrer Meinung nach die Mehrheit der Menschen in Deutschland und Europa empfindet: Dass die EU zwar durchaus reformbedürftig sei, ihr Grundgedanke heute aber so wichtig wie nie zuvor. Tatsächlich sprechen sich laut ARD-Deutschlandtrend vom 9. März 78 Prozent der Deutschen für mehr gemeinsame Politik der europäischen Länder aus.

"Wenn in Frankreich Le Pen gewählt wird, ist die EU vorbei"

„In den USA und in Großbritannien gab es auch Proteste nach der Präsidentenwahl und dem Brexit-Votum. Wir dürfen nicht den gleichen Fehler machen und müssen vorher etwas tun“, sagt Chromiec. Mit „vorher“ meint er vor den Wahlen in den Niederlanden und Frankreich, wo europafeindliche Parteien voraussichtlich hohe Zustimmungswerte erreichen werden.

Wenn in Frankreich Le Pen gewählt wird, ist die EU vorbei“, fürchtet auch Alexander Freiherr Knigge. Er ist einer von 14 Mitgliedern des Berliner Organisationsteams der „Pulse of Europe“-Bewegung. Das Besondere der sonntäglichen Demos, die außer in Berlin in 49 Städten in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Belgien und Österreich stattfinden, liegt für ihn in der Diversität der Teilnehmer. Vom linken Rand bis zum konservativen CSU-Spektrum sei alles dabei.

"Bleibt bei uns" - ein Appell an die Niederlanden.
"Bleibt bei uns" - ein Appell an die Niederlanden.

© Laura Hofmann

Das bestätigt auch Initiator Daniel Röder. Der Frankfurter Rechtsanwalt spricht von zwei Stoßrichtungen, die er mit seiner Bürgerinitiative verfolgt: Zum einen soll die schweigende Mehrheit, die nicht rechts wählt, sichtbar werden. Zum anderen sollen die „wankelmütigen Protestwähler“ überzeugt werden. Er glaubt: „Die Überzeugungstäter kriegen wir eh nicht“. Die Hoffnung, Menschen zu erreichen, die an der EU zweifeln, hat auch Ida Maria Aufdembrinke. Die 59-Jährige ist hier „für eine Gemeinschaft, für die es sich lohnt, einzustehen“.

Ida Maria Aufdembrinke (59) ist hier "für eine Gemeinschaft, für die einzustehen sich lohnt".
Ida Maria Aufdembrinke (59) ist hier "für eine Gemeinschaft, für die einzustehen sich lohnt".

© Laura Hofmann

Berlin kennt die Folgen von Nationalismus und Abschottung. Gerhard Weigt, Gründungsmitglied der DDR-Bürgerbewegung „Demokratie jetzt“, spricht aus Erfahrung, wenn er den Menschen auf dem Gendarmenmarkt zuruft: „Die Freiheit, die wir uns erstritten haben, müssen wir souverän und verantwortungsvoll gebrauchen. Diese Freiheit hat eine europäische Dimension. Wir wollen heute nicht, dass dieses vereinte Europa wieder in Frage gestellt wird.“

Nächste Demo: Sonntag, 19. März, 14 Uhr, Gendarmenmarkt

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