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Den Clubs droht eine deftige Steuernachzahlung.

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Forderungen vom Finanzamt: Den Clubs geht es nicht nur ums Geld

Der Streit um Steuerforderungen an Berlins Szeneclubs entzweit auch die Politik. Die Clubbetreiber wollen vor allem Klarheit.

Bislang ist es offenbar nur ein Finanzamt, das von Clubs saftige Steuernachzahlung fordert. Allerdings ist es ausgerechnet das für die Szenebezirke Friedrichshain und Mitte zuständige Finanzamt II, das seine vor fünf Jahren getroffene Entscheidung revidiert hat, Clubs Steuerentlastungen zu ermöglichen. Beantwortet haben die Beamten damit für sich die Frage, ob Musikveranstaltungen in Techno-Clubs nun Kunst oder Kommerz, Konzerte oder einfach nur Diskobetrieb sind. Denn für Konzerte gilt der vergünstigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent, während bei Tanzveranstaltungen in Diskos 19 Prozent fällig sind. Die Differenz von zwölf Prozent fordert das Amt von „Berghain“, „Cookies“ „Weekend“ & Co. zurück.

„Die Entscheidung ist absurd. Sie schadet der Berliner Kulturszene und der ganzen Stadt“, sagt Star-DJ Paul van Dyk. Schon seit Jahren sei es Konsens, „dass DJs Künstler sind, die bei ihren Auftritten live performen und Musik machen“, so der 39-Jährige. Auch im Rathaus Mitte zeigt man sich erschrocken und Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) fordert: „Die Clubbetreiber brauchen Verlässlichkeit.“ Denn Berlins Clubszene sei weltweit einmalig und ein Touristenmagnet. „Es ist dringend notwendig, dass sich der Finanzsenator der Sache annimmt“, sagt Hanke.

Dem schließt sich auch der scheidende Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) an: „Die Senatsverwaltung für Finanzen ist aufgefordert, schnell für eine einheitliche Auslegung der Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes zu sorgen. Dabei sollte sowohl die kulturelle als auch die wirtschaftliche Bedeutung der Clubs berücksichtigt werden.“ In der Senatsverwaltung für Finanzen schweigt man sich indes unter Berufung auf das Steuergeheimnis zu allen Fragen aus.

Derweil ärgert sich die Clubszene über die Politiker: „Sie werben zwar gern mit dem Club-Standort Berlin, aber wirklich unterstützen will uns keiner“, sagt Marcus Trojan, Betreiber des „Weekend“. Für ihn steht auch fest: „In so einem Finanzamt sitzen Beamte, deren Lebenswirklichkeit keine Überschneidung mit der Clubszene hat, und so kommt es zu willkürlichen Entscheidungen.“

Ganz anders sieht das einer, der schon immer 19 Prozent zahlen musste: „Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Clubs haben Glück gehabt und fünf Jahre ein dickes Plus gemacht“, sagt Henry Jaworek, Betreuer der Großraumdisko „Kontrast“ in Hoppegarten und sagt damit indirekt, was auch andere mutmaßen: Dass die Clubbetreiber die eingesparten zwölf Prozent wohl nie an die Gäste weitergegeben haben. „Oder sind etwa Übernachtungen günstiger geworden, seitdem Hotels nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen?“ fragt ein Insider ironisch.

„Cookies“-Chef Heinz Gindullis hingegen betont: „Es geht mir nicht um die zwölf Prozent. Aber es muss Klarheit herrschen, ob ein DJ nun Künstler ist oder nicht.“ Denn es sei nicht gerecht, so Gindullis, dass er Künstlersozialabgaben für einen DJ zahlen müsse, wenn der vor dem Gesetz nicht als Künstler, sondern als Gewerbetreibender gelte.

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