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Berlin: Der Bolzplatz der Republik

Zwischen Kanzleramt und Reichstag sind die Absperrgitter um den Rasen gefallen. Sollen nun auch die Fußballer zurückkehren?

Platz der Republik? Nein, so nannte ihn der Volksmund nicht, damals, als West-Berlin dort endete. „Die Wiese vor dem Reichstag“ war es, wo man sich traf, zum Picknicken, Feiern, Grillen, zu Open-Air-Konzerten und – zum Fußballspielen. Vor allem der Vormittag war die Stunde der Freizeitkicker, Tresenmannschaften, Kollegenkreise, die das Leder über die große, freie Fläche trieben, am Wochenende auch das eine oder andere Turnier ausfochten.

Dann fiel die Mauer. Der Reichstag rückte vom Rand in die Mitte der wiedervereinten Stadt. Der Bundestag entschied sich für den Umzug nach Berlin, und der Platz vor seinem künftigen Sitz wurde neu gestaltet und mit rautenförmig gesetzten Taxushecken eingefasst. Und argwöhnische Berliner wähnten, nun wollten ihnen die „Bonner“ wohl noch das Fußballspielen vorm Reichstag verbieten. Was nicht geschah. Sie spielten weiter.

Bis 1995, da wurde der Reichstag verhüllt. Tag und Nacht war der Platz von Menschen schwarz; und nirgends Raum für Flanken oder den tödlichen Pass. Im Oktober 1995 dann setzte Helmut Kohl hier die ersten Spatenstiche für den Tiergartentunnel. Nun war der Platz nicht einmal mehr zu betreten. Bauzäune sperrten ihn ab, er wurde über Jahre zur mächtigen Grube, dann wuchsen an seinem Rand Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus heran, über die sandige Brachfläche des Platzes pfiff der Wind. Den nächsten ersten Spatenstich gab es 1999, wiederum im Oktober. Diesmal galt er der Neugestaltung des 40 000 Quadratmeter großen Areals nach dem Entwurf der Berliner Gartenplaner Müller & Wehberg. Jetzt ist der Platz zwischen Reichstag und Kanzleramt wieder für alle zugänglich. Die Gitter sind abgebaut worden. Nach dem Willen des zuständigen Grünflächenamtes soll der Platz künftig ein Platz der Ruhe und des Rastens sein.

Holger Wild

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