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Berlin: Der Direktor wird jetzt wirklich zum Chef

Das neue Gesetz gibt den Schulen mehr Selbstständigkeit. Die Möglichkeiten müssen aber erst ausgelotet werden

Berlins neues Schulgesetz birgt viele einschneidende Reformen: etwa die vorgezogenen Einschulung mit fünfeinhalb Jahren, die Verkürzung des Abiturs, die Einführung zentraler Prüfungen, den Ausbau von Ganztagsgrundschulen. Aber das Herzstück des Gesetzes ist ein Lieblingsprojekt der Grünen – „die schulische Selbstständigkeit“.

Über zehn Jahre lang hat die Stadt darüber diskutiert, wie weit diese Selbstständigkeit gehen darf. Immer neue Modellprojekte wurden gestartet, um die Möglichkeiten auszuloten. Es galt, den Schulen mehr Freiheiten zu geben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Dieser Balanceakt ist längst nicht zu Ende. Das neue Gesetz hält den aktuellen Zwischenstand fest und gibt die weitere Richtung vor. Zum aktuellen Zwischenstand gehört, dass die Schulen über die ihnen zustehenden Sachmittel selbst verfügen können. Dies sind alle Gelder für Schulbücher und Unterrichtsmaterial, für Veranstaltungen, Geschäftsbedarf, Ausstattung mit Geräten einschließlich IT-Technik und für die so genannte kleine bauliche Unterhaltung. Alles in allem dürfte es sich um einen fünfstelligen Betrag für jede Schule handeln. Der Direktor ist künftig dafür verantwortlich, dass diese Finanzmittel optimal eingesetzt werden. Zudem erhält er die Funktion eines Vorgesetzten: Er kann vakante Lehrerstellen ausschreiben, bei der Einstellung und Umsetzung von Kollegen mitreden und die dienstlichen Beurteilungen für seine Pädagogen verfassen, was bisher den Beamten der Schulaufsicht vorbehalten war.

Festgeschrieben wird auch, dass Schulen die Gelder aus einem Haushaltsjahr in das nächste „mitnehmen“ können. Langfristig will die Bildungsverwaltung erreichen, dass die Schulen ihre Budgets für Sach- und Personalmittel vermischen können, also selbst entscheiden, ob sie etwa auf einen Lehrer verzichten, um einen Computerraum einzurichten. Noch hegt die Finanzverwaltung Bedenken gegenüber solchen Möglichkeiten.

Bislang ist diese Frage allerdings noch nicht besonders relevant. Denn das Gesetz legt jetzt erstmal nur fest, dass die Schulen maximal über die Gelder für Vertretungskräfte verfügen können und nicht über alle Personalmittel. Die so genannten Vertretungsmittel umfassen je nach Schulgröße ein bis fünf Stellen, wobei jede Stelle im Schnitt mit 45 000 Euro zu Buche schlägt.

Dieser finanzielle Spielraum ist aber nicht Selbstzweck, sondern soll dazu dienen, das Beste für die Schüler herauszuholen. Berlins Vordenkerin in Sachen „selbstständige Schule“, die grüne Ex-Senatorin Sybille Volkholz, beschreibt das Ziel so: „Selbstständigkeit bedeutet, dass die Schulen sich verantwortlich fühlen sollen für die Leistung der Schüler“. Also nicht mehr „dem Bezirk“ oder „dem Senat“ oder „den Eltern“ die Schuld geben, wenn die Schüler nichts lernen, sondern selbst etwas ändern. Zu diesem Zweck sollen sie sich auch ein eigenes Schulprogramm geben, in dem sie ihre Ziele formulieren und angeben, wie sie diese Ziele erreichen wollen. Wenn sie etwa ein Schulschwänzerproblem haben, können sie entscheiden, einen Sozialarbeiter einzustellen, der Erfahrung mit „schulfernen“ Kindern hat, oder den Unterricht praxisnäher zu machen, um die Schüler zu interessieren.

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