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Berlin: Der Druck ist groß

In der Hype Gallery kann jeder Künstler sein: Hewlett Packard bringt Motive auf DIN-A0

Er lag auf dem Rücken, sie stand breitbeinig über ihm, vorgebeugt, das von schwarzen Haaren gerahmte Gesicht nah an seinem. Die Hände hielt sie vor den Mund, trichterförmig, als wolle sie ihm etwas zuflüstern. Über ihr leuchtete der Himmel, weiße Wolken setzten Tupfer. In diesem Moment drückte Andrej Loginov ab.

Nun, gut anderthalb Jahre später, kommt sein Foto im Café Moskau in Mitte streifenweise aus einem Drucker. Die Firma Hewlett Packard gastiert hier seit zwei Wochen mit der „Hype Gallery“, eine Art internationale Wanderausstellung, die jedem die Möglichkeit gibt, sich als Künstler zu versuchen. Dafür muss er nur Fotografien, Grafiken oder Illustrationen auf CD-Rom oder Datenstick mitbringen. Am Einlass beurteilen zwei Expertinnen den künstlerischen Wert des Werkes. Wenn die ihr Okay geben, wenn die Auflösung stimmt, Jugendschutz und Urheberrechte nicht verletzt sind, werden die Dateien gedruckt – wahlweise auf hochwertigem Fotopapier oder auf Leinwand, kostenlos, im Format DIN-A0.

„Kunst ist ein sehr weiter Begriff. Ich bin froh, dass ich nicht entscheiden muss“, sagt Klaus Schmelzer, der die Drucker bedient und dafür sorgt, dass die Geräte Turnschuhe in Nahaufnahme, glitzernde Muskeln, Glosslippen oder Fantasiecollagen reproduzieren. Gut eine Viertelstunde dauert es, wenn sich die Motive Millimeter für Millimeter aus den vier Geräten schieben.

Fotograf Andrej Loginov, der die flüsternde Schönheit abgeschossen hat, steht neben einem der Apparate und schaut zu, wie sie auf farbgetränkter Leinwand erscheint. Er ist an diesem trüben Freitagnachmittag mit Katja Filipovich gekommen, einer angehenden Modedesignerin, mit der er befreundet ist. Sie war es, die ihn im Sommer 2005 gebeten hat, ihre Kollektion abzulichten. Dabei ist auch das Motiv entstanden, das nun in einer Größe von 118 mal 84 Zentimetern im Erdgeschoss des Hauses hängt, zwischen hunderten anderen Bildern.

Wie es sich für ein anständiges Kunstwerk gehört, hat Loginovs Bild nun auch einen Namen: Es heißt „Whisper“. Alle ausgestellten Werke müssen die Initialen des Sponsors, die Buchstaben H und P, im Titel enthalten; die Mitarbeiter vor Ort sind bei der Namensfindung behilflich. Aber manche Künstler denken lieber selber nach. „Wir haben lange im Wörterbuch nach einem passenden Namen gesucht“, sagt Katja Filipovich, die wie Loginov vor fünf Jahren fürs Studium aus Weißrussland nach Berlin kam.

Mehr als 600 Hobbykünstler haben sich in Berlin bislang an der „Hype Gallery“ beteiligt. Die zwei Etagen des Café Moskau bieten 288 Motiven gleichzeitig Platz, ältere werden von den Mitarbeitern gegen neue ausgetauscht, die Bilder können nach dem Ende der Ausstellung am 18. November abgeholt und mit nach Hause genommen werden. 4000 Menschen kamen bisher, um sich die großformatigen Drucke anzuschauen. Die Organisatoren rechnen mit mindestens noch einmal so vielen. „Die Ausstellung läuft in Berlin sehr erfolgreich“, sagt Sprecherin Henriette Spyra. In London, wo die „Hype Gallery“ vor drei Jahren erstmals stattfand, kamen insgesamt 9000 Besucher. Danach zog die partizipatorische Bilderschau weiter nach Paris, Mailand, Singapur und Moskau – und machte immer neue Künstler groß, wenigstens für einen Tag.

Hype Gallery im Café Moskau, Karl-Marx-Allee 34, Mitte, geöffnet: Sa und So 12 bis 24 Uhr, Mo bis Fr 14 bis 22 Uhr

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