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Berlin: Der ewige Gärtner

Es ist ein wenig still geworden um Ben Wargin, den Mann mit dem Ledermützchen. Beharrlich baut der Künstler aber weiter am „Parlament der Bäume“ – inzwischen fast 15 Jahre lang

Das Waldsterben ist tot, und auch von den Aktionskünstlern hört man nur noch wenig. Möglicherweise ist es deshalb auch so ruhig geworden um Ben Wargin, der ja ohne die Beinamen „Baumpate“ und „Aktionskünstler“ lange kaum zu existieren schien. Doch der ewige Gärtner der Hauptstadt pflanzt weiter unverdrossen Baum um Baum, und er hat die Hoffung noch längst nicht aufgegeben, dass sein „Parlament der Bäume“ eines Tages zu einer einigermaßen offiziellen Gedenkstätte werden könnte. Am Donnerstag zeigte er deshalb wieder einmal ein wenig Aktionismus, lud ein paar Kinder aus der ihm lange verbundenen Neuköllner Regenbogen-Schule ein und gab ihnen tausend Blumenzwiebeln zum Pflanzen in die Hand. Anlass: 15 Jahre Parlament der Bäume. Oder sagen wir: vierzehnkommairgendwas. Denn die kuriose Gedenkstätte für die Mauertoten im ehemaligen Todesstreifen, zwischen Bundespressekonferenz und Bundestagsbibliothek, konnte ja erst nach dem Fall der DDR gedacht und gepflanzt werden, im November 1989.

Neben den Kindern und ein paar Journalisten war auch Joachim Zeller gekommen, der Bezirksbürgermeister. Er hatte zwar keine konkreten Verbesserungen für das „Parlament“ dabei, versprach aber immerhin, der Gedenkstätte in einer neuen Bezirksbroschüre mehr Platz einzuräumen. Wargin ist das natürlich nicht genug. „Ich kann doch nicht immer nur betteln gehen“, sagt er nicht ohne resignierten Unterton und beklagt, dass der Spendenzufluss für seine Arbeit in den letzten Jahren immer weiter abgenommen hat. Das Gelände ist zwar auf absehbare Zeit sicher vor Umnutzungen, niemand will dort gegenwärtig investieren – aber es muss gepflegt und gesäubert weden. Er möchte die beiden parallel stehen den Mauerreihen überdachen, um den Zwischenraum nutzen zu können, er hätte oben auf der Mauer gern die typische Abschlussröhre auf ganzer Länge, aber das kann er nicht bezahlen..

Vor zwei Jahren haben die Grünen vorgeschlagen, es in die Liste der offiziellen Gedenkstätten aufzunehmen, doch passiert ist noch nichts; auch die einst avisierte Verbindung mit dem Bundestagsbau gegenüber kommt nicht voran. „Mach doch mal was“, sagt er dem Bürgermeister, und der nickt vorsichtig. Dann packt er mit seinen groben, schmutzverkrusteten Gärtnerhänden wieder ein paar Narzissenzwiebeln, kniet sich auf einen der Gedenksteine und zeigt den Kindern, wo er die Blumen im nächsten Frühjahr gern blühen sehen möchte. Dann erzählt er noch von seinen Kontakten zu den Journalisten, die aus ihren Büros der Bundespressekonferenz auf das Gelände herab sehen: Es gibt sie nicht. Eine Frau von oben allerdings hat ihn mal gefragt, ob sie nicht mal drunten grillen dürfte?

Bei so etwas wird Wargin fast wieder zum Aktionskünstler. Er richtet sich auf, die Lederkappe spannt sich um den kahlen Schädel, und er weist mit dem Finger in Richtung Spree, dort, wo das „Parlament“ zu Ende ist. „Da habe ich sie hingeschickt.“

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