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Berlin: Der Feuerlöscher

Albrecht Broemme ist seit elf Jahren Feuerwehrchef – seitdem ist sein Handy niemals aus. Nach dem Brand im Jagdschloss Glienicke steht er in der Kritik

Bordsteinkommandanten, schimpft er sie. Die Neugierigen und Nachbarn, die sich bei jedem Einsatz einfinden, zuschauen – und am Ende auch noch zu allem eine Meinung haben. „Das ist wie im Fußballstadion: Das Publikum weiß es am besten“, sagt Albrecht Broemme in seinem Büro. Feuerwehrautos stehen in den Regalen und Feuerwehrsouvenirs aus New York, dem Libanon, Hamburg…

Gestern noch klingelte das Telefon im Minutentakt. Die Bordsteinkommandanten hatten beim Brand des Jagdschlosses Glienicke am Montag alles notiert: Wie lange die Feuerwehr angeblich zum Schloss brauchte, wann in den Tanks das Wasser ausging, um wie viel Uhr endlich das Löschboot eintraf. Sie berichteten, dass die Feuerwehr erst nach 15 Minuten kam, weil die Wagen versehentlich erst zum Schloss Klein-Glienicke fuhren. Nach der Ankunft ging das Elend weiter: Erst stand ein Poller im Weg, dann versagten die Hydranten, aus der Saugstelle an der Havel „kamen nur Muscheln“ und das Löschboot war zunächst nicht besetzt. Ein Alptraum, sagt Broemme, seit elf Jahren Chef der Berliner Feuerwehrchef: „Da ist schief gegangen, was schief gehen konnte.“

Heute hat Broemme einen eher ruhigen Tag: Schreibtischarbeit, eine Sitzung zum Thema „Vorbeugender Brandschutz im Büro- und Wohnbereich“, eine Ehrung von 20 frisch geprüften Feuerwehrleuten. Broemme stellt sich ans Pult: „Leistung und normales Auftreten ist die beste Methode.“

Für die mögliche Irrfahrt hat Broemme keine großen Worte („Das kann ich derzeit weder dementieren noch bestätigen“), und er hat auch keine große Lust, seine Männer dafür anzumeckern. Schließlich war er es, der bei seinem ersten großen Einsatz auch etwas verwechselte: Statt zum brennenden Deutschen Dom am Gendarmenmarkt zu rasen, stand der verdutzte Broemme vorm friedlich daliegenden Berliner Dom. Heute kann Broemme über die Anekdote lachen.

Als der 1,98-Meter-Hüne das Amt übernahm, war er mit 39 Jahren jüngster Feuerwehrchef Deutschlands. Berührungsängste kennt Broemme nicht: In Uniform fährt er auch mit der U-Bahn, genießt es, wenn ihm die Berliner auf die Schulter klopfen. Auch bei den Polizeireportern der Stadt ist Broemme hoch angesehen, er gilt als stets besonnen, geduldig, kooperativ – und, was vielleicht das Beste ist, als immer erreichbar. Ob zu Hause oder im Urlaub: Broemme geht ans Diensthandy. Mit Eitelkeit habe das nichts zu tun, sagt der Feuerwehrchef. „Das ist die Mentalität eines Feuerwehrmannes: immer erreichbar sein, immer einsatzbereit.“

Unfehlbar ist Broemme nicht. Einmal ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Vorteilsnahme gegen Broemme. Auf der Suche nach einem neuen Familienauto fuhren er und seine Frau 1998 einen Daimler der A-Klasse zur Probe. Vermittelt hatte ihn auf Bitten Broemmes jener Verkäufer von Daimler-Benz, der der Behörde sonst auch die Rettungswagen verkauft. „Eine Dämlichkeit“, sagte Broemme. Nach der Computer-Panne in der Silvesternacht 2000 forderten einige Politiker sogar den Rücktritt Broemmes. Der Feuerwehr-Chef hatte für das Chaos stets eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ verantwortlich gemacht, ein Bericht aber kam zu dem Schluss, dass die Mitarbeiter in der Leitstelle schlecht ausgebildet und unmotiviert gewesen seien. Er habe sich nichts vorzuwerfen, sagte Broemme – und ging in die Offensive: „Man soll mir doch mal bitte den zeigen, der es besser gemacht hätte!“

Auch nach dem Brand am Montag hatte Broemme den Schuldigen schnell ausgemacht: Das Land Berlin habe die Sicherheitsvorkehrungen am Jagdschloss Glienicke schleifen lassen. Und die Feuerwehr hat wirklich alles richtig gemacht? Broemme seufzt. Wohl nicht. „Beim nächsten Mal schicken wir gleich ein Löschboot hin“, sagt er.

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