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Berlin: Der ganz besondere Duft

Cannabis ist allgegenwärtig und gefährlich. An Nachschub fehlt es nie

Zwei Mal in der Woche ist „Sprechstunde“ in der kleinen Kreuzberger Wohnung. Nach Feierabend sitzen die Kunden, vom selbstständigen Handwerker bis zum Bankkaufmann, am runden Tisch, trinken Tee und wählen aus dem Warenangebot: Haschisch und Marihuana in reichhaltigem Sortiment.

In manchen Kneipen mischt sich allabendlich der auffällige Duft in den Zigarettenqualm, und selbst auf Schulhöfen macht in den Pausen der Joint die Runde. Cannabis ist in Berlin allgegenwärtig. An Nachschub fehlt es nie. Die Polizei fand gerade erst zwei Rauschgiftplantagen: An der Reinickendorfer Titiseestraße wuchsen in einer Einzimmerwohnung 100 Cannabispflanzen, der 34jährige Mieter wurde festgenommen und wieder entlassen. An der Flughafenstraße in Tempelhof fanden Beamte 4,7 Kilo einer abgeernteten Marihuana-Plantage. Der 46-jährige Wohnungsinhaber wurde gestern einem Haftrichter vorgeführt.

Nach Dealern muss niemand lange suchen. Sie handeln in der Hasenheide mit Haschisch und Cannabis, dessen Rauschwirkstoffanteil Tetrahydrocannabinol (THC) in den vergangenen Jahren durch immer neue Züchtungen stetig zugenommen hat. Hier sind es vor allem Schwarzafrikaner und Araber, die sich den Drogenmarkt aufgeteilt haben. In den U-Bahnen machen auch Türken das Geschäft. Mit der Polizei spielen die Gruppen Katz und Maus. Hier wie auch in der Hasenheide gibt es Razzien, doch zu Festnahmen reicht es nach Auskunft der Polizei fast nie. Die Dealer haben größere Vorräte in Erdlöchern gebunkert oder transportieren das Rauschgift in Tüten verpackt im Mund, schlucken es bei Kontrollen. „Bei den wenigen Gramm, die sie dabei haben, können wir keine Händlertätigkeit nachweisen“, sagt ein Ermittler. Fast 13800 Rauschgiftdelikte gab es 2004, rund 8000 hatten mit Cannabis zu tun. Bei der Polizei heißt es, grundsätzlich sei der Besitz von nur kleinsten Mengen des Betäubungsmittels strafbar. Man leite nach wie vor Verfahren ein.

Dabei werden auch Verkehrsteilnehmer kontrolliert. Der zuständige Beamte für Alkohol- und Drogenkontrollen, Stefan Drescher, wies gestern das Ergebnis einer von „Auto-Bild“ veröffentlichten Studie zurück. Danach, so die Zeitschrift, gibt es in Berlin, verglichen mit anderen Bundesländern, kaum Drogenkontrollen im Verkehr. „Unsere Daten sprechen dagegen.“ So habe es 2004 allein 852 gezielte Alkohol- und Drogenkontrollen gegeben. Auch beteilige man sich mehrmals im Jahr an europa- und bundesweiten Großkontrollen. Die Zahl der Drogenverstöße liegt für das vergangene Jahr noch nicht vor, 2003 wurden 140 Fälle registriert. Zu einer Strafanzeige kommt es erst, wenn ein Fahrer unter Drogen den Verkehr beeinträchtigt hat oder auch in einen Unfall verwickelt war. Bei Kontrollen verwenden Polizisten den „Drug Vipe“, ein Drogen-Erkennungsgerät. Verdächtigen werden Schweißpartikel von der Stirn gewischt, das Gerät erkennt bei diesem Vortest Anzeichen von Opiaten und Kokain, aber auch von Cannabis und Amphetaminen. C. v. L./tabu/wie

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