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Berlin: Der Germanist, den alle verstehen

Das Land Berlin hat den Allround-Gelehrten Peter Wapnewski mit seiner höchsten Auszeichnung geehrt, der Ernst-Reuter-Plakette

Geistiger Glamour ist nicht zu schlagen. Es gibt sicher ganz wenige Menschen, die davon so reichlich haben wie Peter Wapnewski. Insofern war die Verleihung der Ernst-Reuter-Plakette an ihn ein absolutes Top-Event, wenn auch im kleinen Kreis. Es gab Klavierspiel, und zwar als Verbeugung wohl vor den Verdiensten des Geehrten um die Musikdramatik Richard Wagners und Gabriel Faurés „Souvenir de Bayreuth“.

Und es gab eine Laudatio des Regierenden Bürgermeisters, der sich einfach mal nicht genierte, von „einem hochangesehenen Geistesfürsten“ zu reden. „Er wirkt anregend, stilprägend und auf diskrete Weise zivilisierend“, sagte Klaus Wowereit in seiner Laudatio auf den großen Germanisten. „Er ist die Stimme eines weltläufigen, intellektuellen, belesenen Berlin.“ Wapnewski war schon 1966 einem Ruf an die FU gefolgt. Seine Erwartungen wurden aber zunächst enttäuscht, denn 1969 wechselte er nach Karlsruhe. Der „Zeit“ vertraute er damals seine „Gründe, an Berlin zu zweifeln“ an. Die Stadt, so glaubte er, drohe Provinz zu werden. 1981 kehrte er als Gründungsrektor des Wissenschaftskollegs nach Berlin zurück und lehrte ab 1982 Deutsche Philosophie an der Technischen Universität. Er holte viele große Philosophen und Künstler in die Stadt. Bekannt wurde der Allround-Wissenschaftler aber vor allem mit Büchern über Walther von der Vogelweide, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und über den Minnesang. Seine große Kunst liegt darin, auch das breite Publikum anzusprechen, was gerade unter Germanisten keine Selbstverständlichkeit ist. Dazu trägt sein erstes Gebot für Philologen bei, das heißt „Du sollst nicht töten, sondern lebendig machen.“ Die Zahl der Anhänger des Verfassers von mehr als 500 Publikationen gehe in die Millionen, sagte Wowereit.

Eine eindrucksvolle Probe seiner Kunst gab Wapnewski in seiner kurzen, aber sehr lustigen Dankrede, deren Lektüre eigentlich zum Pflichtprogramm ernannt werden sollte für die Preisträger von Goldenen Kameras und ähnlichem. Zunächst erklärte er, warum es ganz falsch ist, bescheiden zu sagen, man habe eine Auszeichnung nicht verdient: „In dem Maße, in dem der Geehrte die Gabe als unverdient bezeichnet, in dem Maße unterstellt er der auszeichnenden Instanz Inkompetenz.“

Nach einem kleinen mundwässernden Ausflug in die Welt der Kunst als Schöpfung („Kunst ist nichts anderes als der radikale Versuch, den anderen Menschen zu erschaffen – so, wie er eigentlich geplant war.“) gab es noch eine kurze Rhetorik-Lektion. Dann schloss er mit den Worten „Hier endet meine Dankesrede – und das ist auch gut so.“ Tolle Pointe, aber gerade hier passte der Zusatz dennoch nicht. Es hätte gern noch etwas mehr sein dürfen.

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