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MRR, das Literarische Quartett und Ulla Hahn: Der knappe Konter der Ulla Hahn

Ulla Hahn kommt von der Alster, so will man glauben, wie sie an Kieperts kleinem Lesetisch sitzt in ihrem grünen Rollkragenpullover und den bequemen Schuhen. An der rechten Hand der goldene Ring erzählt von ihrer Ehe mit Hamburgs erstem Bürgermeister Klaus von Dohnanyi.

Ulla Hahn kommt von der Alster, so will man glauben, wie sie an Kieperts kleinem Lesetisch sitzt in ihrem grünen Rollkragenpullover und den bequemen Schuhen. An der rechten Hand der goldene Ring erzählt von ihrer Ehe mit Hamburgs erstem Bürgermeister Klaus von Dohnanyi. Aber sie liest aus ihrem Buch "Das verborgene Wort" von ihrem Alter ego, der Hildegard, und als der rheinländische Dialekt einsetzt, merkt man, dass die Alster erst sehr viel später hinzukam zu ihrem Leben. Sie liest vom katholischen Heim, in dem sie "Selbstgestricktes aus der Wolle unserer beiden Schafe" trug und wie der Vater Obstsorten pfropft. Die Mitarbeiter bei Kiepert hören sich an, wie das kleine Mädchen mit dem liebevollen Großvater und der unverstandenen Liebe zu Büchern jetzt zwar eine "Negerpuppe" geschenkt bekommt, aber gleichzeitig einen Rosenkranz, mit dessen Hilfe sie sie nach Art der Katholiken "weiß" beten soll. Erst wenn die Puppe weiß würde, würden die Mutter und die Oma dem Mädchen glauben, dass es genug gebetet hat. In der ersten Reihe schläft jetzt eine Frau. 1200 Seiten hat Ulla Hahn in vier bis fünf Jahren "Erinnerungsarbeit" handschriftlich verfasst. Sie habe in den letzten Jahren mehr in dem Buch als in Hamburg gelebt, sagt sie. Und seitdem ihr Erich Fried vor etlichen Jahren den Rat gegeben hat, Einfälle auf der Stelle aufzuschreiben - sie solle nicht denken, die kämen später wieder - sind ihre Taschen immer voller Zettel. Ein Gast meldet sich, er fände das alles sehr authentisch. Er komme auch aus der Gegend im Rheinland und teile viele Erfahrungen. Und er sei auch immer bei C&A einkaufen gegangen. Ein anderer fragt, wo es denn sei, das "verborgene Wort", und woher das Schreiben käme bei ihr. Und Frau Hahn freut sich und erzählt, dass sie nach Verlassen der Uni einen Redakteursposten bei Radio Bremen hatte. Erst als sie nicht mehr ihre Meinung "mit drei Fußnoten abstützen musste", hat sie festgestellt, dass ihr das Schreiben Freude macht: "Wunderbar. Die Befreiung". Aber dann ist sie doch noch aufgewacht, die eingeschlafene blondierte Frau aus der ersten Reihe: was sie denn gefühlt habe, als das Literarische Quartett geschlossen ihr Werk verriss, fragt sie. Und da merkt man sie Ulla Hahn noch an, die frische Wunde. Zornig zahlt sie es ihn zurück, dem hochbezahlten Schlabberlippe Chef vom Quartett - Marcel Reich-Ranicki habe nämlich mit Literaturkritik nichts zu tun, es handle sich um einen Entertainer, der sein Machtmonopol ausnutzt. Basta.

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