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Hungerstreik der Flüchtlinge: Der Körper beginnt, sich selbst zu verdauen

Beim Hungerstreik geht der Körper an die Substanz und braucht Hilfe von außen. Der Protest aus medizinischer Sicht.

Die Flüchtlinge hungern, dürsten, kollabieren. Und sind dann ein Fall für die Medizin. Bei Patienten, die wegen fehlender Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme zusammengebrochen sind und die in der Charité behandelt werden, überprüft die Klinik zunächst den medizinischen Allgemeinzustand, wozu auch Blut abgenommen wird. Flüssigkeit und Salze werden dann mit einer Infusion zugeführt. Je nach Untersuchungsergebnis werde den Patienten auch angeboten, sie im Krankenhaus zu behandeln, teilt die Charité mit. Sie können jedoch auf eigenen Wunsch die Klinik verlassen.

Was passiert im Körper? Während der ersten Tage eines Hungerstreiks greift der Organismus auf seine Kohlenhydrat-Reserven in Leber und Muskeln zurück. Die hier in Form von Glykogen gespeicherte Stärke hält zwei oder drei Tage vor. Vor allem das Gehirn benötigt den aus Glykogen gewonnenen Traubenzucker als lebenswichtigen Treibstoff.

Nachdem die Kohlenhydrate verbraucht sind, werden die Fettreserven des Körpers angegriffen. Die Leber setzt aus gespaltenen Fettsäuren Ketonkörper zusammen, die nun im Gehirn und der Muskulatur als Ersatz für Traubenzucker dienen. Ein Teil der Ketonkörper wird auch mit dem Urin ausgeschieden oder über die Lunge abgeatmet. Der Ketonkörper Aceton gibt der Atemluft einen Geruch, der an Nagellackentferner erinnert. Ketonkörper dämpfen den Hunger und können zu Übersäuerung führen.

Je nach Fettreserven können die Ketonkörper die Energiezufuhr des Gehirns über zwei Monate oder länger sichern. Der Organismus versucht so weit wie möglich seine Eiweißreserven, die Proteine, zu schonen. Der Stoffwechsel wird auf das Nötigste heruntergefahren.

Sind keine anderen Speicher mehr verfügbar, muss der Körper an die Substanz gehen. Das sind die Proteine. Er beginnt, Muskeln und Organe abzubauen, um aus ihnen Energie zu gewinnen und verdaut sich regelrecht selbst. Nachdem ein Drittel des körpereigenen Proteins verbraucht ist, gilt ein Überleben als nicht mehr wahrscheinlich. Als Faustregel gilt, dass schwere medizinische Probleme beginnen, wenn etwa 18 Prozent des Körpergewichts abgebaut sind. Das ist oft nach drei Wochen Hungerns der Fall.

Hungerstreikende leiden unter Benommenheit, Schwäche und Schwindel. Hinzu kommen emotionale Schwankungen, wobei anfängliche Euphorie der Depression und Lethargie weicht.

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