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Berlin: Der Krimi-Schriftsteller ist auf Lesetour in Berlin

Um einen amüsanten Vergleich ist Philip Kerr nicht verlegen: "Ich fühle mich jetzt wie Holly Martins." Wie eben jener Autor drittklassiger Western-Romane aus Graham Greenes verfilmtem Roman "Der dritte Mann", der im Nachkriegs-Wien spielt.

Um einen amüsanten Vergleich ist Philip Kerr nicht verlegen: "Ich fühle mich jetzt wie Holly Martins." Wie eben jener Autor drittklassiger Western-Romane aus Graham Greenes verfilmtem Roman "Der dritte Mann", der im Nachkriegs-Wien spielt. Dieser, dargestellt von Joseph Cotten, sollte in einer unvergesslichen Szene auf einer Dichterlesung den durch die Nazis verdorbenen Wienern gute Literatur nahe bringen und kam sich reichlich deplatziert vor. Der britische Krimi-Autor Kerr weilt zurzeit auf Einladung des British Council in der Stadt, um während der berlin-brandenburgischen Buchwochen die Literatur seines Landes zu promoten.

Allerdings kann man sich bei Kerr, dem brillanten Geschichtenerzähler, kaum vorstellen, dass ihm ein solcher Auftritt irgendwelche Peinlichkeiten bereiten könnte. Und bei seinen Romanen von drittklassigen Machwerken zu sprechen, verbietet sich von selbst. Der 43-jährige gebürtige, inzwischen in London lebende Schotte gehört zu den vielseitigsten Schreibern dieses Metiers. Mit jedem weiteren Werk erobert sich Kerr ein neues Gebiet. Schon mit dem ersten 1989 veröffentlichten Roman betrat er ein gewagtes Terrain: Denn der Privatdetektiv Bernie Gunther ging seiner Arbeit im Berlin der Nazizeit nach; das hätte leicht ins Geschmacklose abgleiten können.

Zwei weitere Bernie-Gunther-Krimis folgten. Danach widmete sich Kerr allen möglichen Sujets: einem Massenmörder im London von 2013, den Machenschaften der russischen Mafia im Post-Sozialismus oder der High-Tech-Architektur in Los Angeles. "Ich kann nicht die gleichen Romane wieder und wieder schreiben", sagt Kerr. Er brauche die Herausforderung, am Nullpunkt anzufangen und sich einem Thema durch exzessive Recherchen zu nähern.

Bei seinem Architekten-Thriller "Game Over" wunderte sich die gesamte Fachwelt, wer für seinen ins Verderben stürzenden Stararchitekten Ray Richardson Vorbild gestanden habe. Die einen munkelten, es sei Sir Norman Foster gewesen. Und Richard Rogers, auf Grund der Namensähnlichkeit im Gespräch, fragte sogar den Autor. Dieser verneinte. Eine Kombination aus mehreren Baumeistern sei es gewesen, aber am meisten habe ihn der schottische Architekt James Sterling inspiriert, sagt Kerr jetzt.

Aus seinem letzten veröffentlichten Roman "The Second Angel", der noch nicht auf Deutsch erschienen ist, hat Kerr an den vergangenen beiden Tagen in Berlin und Potsdam gelesen. Nach dem beinahe konventionellen Mafia-Thriller "Der Plan" wandte er sich dabei einmal mehr der Zukunft und einem eher extravaganten Thema zu: einem Überfall auf eine ganz spezielle Bank, auf eine Blutbank auf dem Mond nämlich. Wieder etwas total anderes wird den Leser in dem bisher noch nicht gedruckten "The Shot" erwarten, ein Anschlag auf Kennedy nämlich. Kern der Geschichte ist ein Attentatsversuch in Palm Beach im Jahr 1960. Das Thema ist gewagt - über Kennedy und seine Ermordung sind schon ganze Bibliotheken voll geschrieben worden. Des damit verbundenen Risikos ist Kerr sich bewusst, scheut es aber nicht. Er habe einen originellen Ansatz. Und daran ist eigentlich nicht zu zweifeln.

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