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Berlin: Der Palästinenserführer kennt den Schlossplatz gut, den Westen der Stadt aber gar nicht

Die Bilder glichen sich, und auch die Schlagzeilen waren im "Neuen Deutschland" zum Verwechseln ähnlich: Yassir Arafat, das Palästinensertuch, die Kufija, auf dem Haupt, mit Bart, Khaki-Uniform und einnehmendem Lächeln, schritt die Ehrenfront der DDR-Armee ab. Neben ihm Erich Honecker im dunklen Stoffmantel, kerzengrade wie der Spieß der Soldaten.

Die Bilder glichen sich, und auch die Schlagzeilen waren im "Neuen Deutschland" zum Verwechseln ähnlich: Yassir Arafat, das Palästinensertuch, die Kufija, auf dem Haupt, mit Bart, Khaki-Uniform und einnehmendem Lächeln, schritt die Ehrenfront der DDR-Armee ab. Neben ihm Erich Honecker im dunklen Stoffmantel, kerzengrade wie der Spieß der Soldaten. In den Lettern darüber wurden die "erfolgreichen Gespräche", die "herzliche Atmosphäre" und die "antiimperialistische Solidarität der DDR mit dem Volk von Palästina" gerühmt.

Seit Yassir Arafat 1969 zum Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) avancierte, besuchte er oft Ost-Berlin. Kaum ein Jahr verging bis Mitte der 80er ohne Bruderkuss; entweder kam er selbst, oder es landete eine Delegation. Der Schlossplatz, damals Marx-Engels-Platz, mit dem einstigen Staatsratgebäude ist Arafat also wohlvertraut, wenn ihn der Bundeskanzler dort begrüßt. Die Reden werden sich aber mächtig unterscheiden. Damals wetterte man gegen die "imperialistische Vorherrschaft" und versprach humanitäre Hilfen für Palästina. Manchmal ging es auch um Waffenlieferungen, wird gemunkelt. Bei Arafats jetzigem Besuch wird nun der Friedensprozess im Mittelpunkt stehen, und dabei wird er im Schloss Bellevue, wo ihn der Bundespräsident erwartet, Neuland betreten - denn nach West-Berlin kam er noch nie. In die Bundesrepublik reiste Arafat erstmals 1993 nach Bonn.

Vermutlich wäre Arafat auch ohne die Wende irgendwann an den Rhein geflogen, denn die Freundschaft mit der DDR bekam in den späten 80er Jahren einen Knacks. Das hing mit Honeckers Ringen um die Annerkennung in der UNO zusammen. Deshalb wandte er sich mehr dem Judentum zu und verlieh dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Edgar Bronfman, 1988 den "Stern der Völkerfreundschaft". Eine Provokation für Palästina kurz vor der Proklamation des eigenen Staates im November 1988.

CS

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