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Berlin: Der Rosenkavalier

Mathias Bartens dorniger Weg: Er dekorierte den Presseball mit 65 000 Blüten

Töpfe mit Azaleen? Igitt!! „Grauenhaft“, mokiert sich Mathias Barten. „Die möchte ich heute Nachmittag nicht mehr sehen.“ Die zehn Floristinnen, die im Zeltgang zwischen der Deutschen Staatsoper und dem Opernpalais stehen, nicken zustimmend. Sie hören auf Bartens Anweisungen. Er, 29 Jahre alt, ist als „floristischer und kreativer Leiter“ dafür verantwortlich, die Oper und all die dazugehörigen Räumlichkeiten tonnenweise mit Rosen auszuschmücken. Alles für den Berliner Presseball am heutigen Abend. Die rund 2000 Gäste sollen in einem „Rausch von Rosen“ – so wünscht es sich Barten – schwelgen.

Die 65 000 Rosen haben einen langen Weg aus Ecuador hinter sich. Gestiftet hat sie das „Flower Label Program“, (FLP). Die Initiative setzt sich dafür ein, dass die Blumenzucht vor allem in Dritte-Welt-Länder ohne Kinderarbeit und umweltfreundlich betrieben wird. Und da das diesjährige Ball-Motto „Ibero-Latino“ heißt, passen die duftenden Rosen aus Ecuador ins Konzept.

Barten und seine 50 Mitarbeiter sind seit Freitag von morgens bis nachts im Dauerstress. Zwei Zwölftonner haben die Blumenpracht zunächst zum Großmarkt transportiert, wo die Floristen damit beschäftigt waren, die Rosen auszuwickeln, zu sortieren, zu binden, zu stecken… „Einige Rosen haben natürlich arg unter der Kälte und dem warmen Luftgebläse hier gelitten“, erklärt Barten mit scharfem Blick im Vorbeighen. „Das war abzusehen. Die werden wir ersetzen.“

Der Dekorateur führt seine zehn Helferinnen, die ihm beim Schmücken und Drapieren zur Hand gehen, durch die Räume. „Ich habe mir natürlich zuvor ein Konzept gemacht“, sagt er. Eines sei schon mal klar: Barten verteile nicht einfach nur Blumengestecke. „Ich mache eine Inszenierung“. Klare Formen, kein Chichi, sagt er und zupft ein paar Blätter zurecht. Der Prinzessinnensaal werde komplett in rot, rosa und altrosa gestaltet sein. „Ich würde nie auf die Idee kommen, hier orange einzustreuen.“ Die Oper schmücke er avantgardistisch, „mit Rosenkugeln auf den Tischen“, das Opernpalais klassisch, „mit Rosengestecken“.

Barten hastet weiter durch die Räume. Plötzlich fällt sein Blick auf einen blauen Stoff, der einen der Büfett-Tische bedeckt. „Wenn ich diesen Stoff heute Nachmittag noch hier sehe, kriege ich einen Nervenzusammenbruch.“ Die Sache sei doch die: Dinge, die nicht zu seinem Arrangement passten, fielen später auf ihn zurück. Deswegen habe Barten das Recht „alles, was hier nicht reinpasst, wegschaffen zu lassen“. Unten in der Schinkel-Klause findet er davon einiges. Barten schaut verächtlich auf die Trockenblumengestecke und die Weihnachtssterne in Plastiktöpfen. „Das geht schon mal gar nicht“, urteilt er harsch. „Mich hat man engagiert, weil ich Stil habe.“ Und Erfahrung: Er hat bereits Großveranstaltungen auf der Berlinale, die Goldene Kamera, die Aids-Gala, aber auch den Rosenball von Liz Mohn mit Blumen ausgeschmückt und dekoriert. 8000 Rosen seien es dort gewesen. Der Wiener Opernball habe mit 45 000 Blumen protzen können, aber 65 000 Rosen für einen Ball, das habe es noch nicht gegeben.

Abends, wenn die Gäste hoffentlich berauscht sind vom Rosenduft, der sich über die Oper legt, ist Barten auch dabei. „Nur kurz.“ Hübsch aussehen und Visitenkarten verteilen wolle er. Dann geht’s ab ins Bett. Morgens um vier Uhr steht er wieder in der Oper: abschmücken, klein stampfen und in den Müll werfen.

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