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Berlin: Der Saubermann

Ausstellung zum 100. Todestag von James Hobrecht eröffnet

Berlin, Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts: Fäkalien fließen in offenen Rinnen die Straßen entlang, Cholera greift um sich. Es stinkt, es ist dreckig. Und immer mehr Menschen ziehen nach Berlin. Im Zuge der Industrialisierung steigt die Bevölkerungszahl zwischen 1859 und 1871 von 412 000 auf 826 000 Einwohner – also um mehr als das Doppelte. Dass die Stadt angesichts dieser Probleme nicht im Chaos verkam, ist zum Großteil einem Mann zu verdanken: dem Ingenieur und Architekten James Hobrecht, dessen Todestag sich am gestrigen Montag zum 100. Mal jährte.

Anlässlich des 100. Todestages ehrt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den „Stadtplaner, Stadtentwickler und ökologischen Vordenker“ mit einer Ausstellung: „James Hobrecht 1825 – 1902 Konstrukteur des modernen Berlin“.

Hobrechts Bebauungsplan von 1862 schuf Platz für die vielen neuen Berliner. Auf seinem Raster wurden große Mietshäuser errichtet, jeweils im Straßenkarree und mit Innenhöfen. „Blockrandbebauung“ nennen das die Fachleute. Und sein Entwurf für ein Kanalisationssystem von 1871 brachte die nötige Sauberkeit in die Metropole. Der Plan sah vor, dass die Abwässer statt in Rinnen auf der Straße in unterirdischen Rohren aus der Stadt herausfließen sollten – und das völlig geruchsneutral.

Auf große Begeisterung stieß Hobrecht mit seinem Vorschlag für mehr Sauberkeit allerdings zunächst nicht, schließlich versprach der Bau der Kanalisation ein kostspieliges Unterfangen zu werden. 1873 kam dann aber doch das offizielle „ok“, nachdem die Cholerafälle sprunghaft angestiegen waren. Zwischen 1873 und 1892 wurde die Kanalsiation fertig gestellt – immer unter der Aufsicht Hobrechts. Mithilfe von Pumpwerken wurde das Abwasser von nun an in glasierten Tonröhren auf Rieselfelder außerhalb der Stadt geleitet, eine Idee, die der Stadtbaurat von Berlin von einer seiner Reisen aus England mitgebracht hat. In anderen deutschen Städten, wie Hamburg oder Lübeck, die ebenfalls früh ein eigenes Kanalisationssystem hatten, wurde das Wasser lediglich aus der Stadt gepumpt, aber nicht weitergehend genutzt. Auf den Rieselfeldern Berlins hingegen diente die Jauche der Landwirtschaft als Dünger – und das Wasser reinigte sich ganz natürlich durch das Einsickern in den Boden. Rüben, Äpfel, Mais – die Erträge von den Rieselfeldern wurden auch auf den Märkten Berlins verkauft, wie es Hobrecht in seinem ganzheitlichen Konzept vorgeschwebt hatte. Beim Kochen der Rieselfeldrüben stank allerdings erstmal die Küche.

Ab 1905 wurden dann aufgrund steigender Abwassermengen immer mehr Kläranlagen gebaut, um die Felder zu entlasten. In den 80er Jahren legte man die letzten Rieselfelder still. Durch viele Tonröhren des Kanalisationssystems, das zu Hobrechts Zeiten verlegt wurde, fließt dagegen heute noch Abwasser. „Das System funktioniert genau so wie vor weit über 100 Jahren, als es angelegt wurde“, erklärt Ludwig Pawlowski, der Technische Vorstand der Wasserbetriebe.

Für die Stadtentwicklung hat Hobrecht seine Bedeutung über die Zeit ebenfalls nicht verloren: „Auch heute noch basieren unsere Planungen – wie das Planwerk Innenstadt – auf seinen Ideen“, sagt Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Die von Hobrecht entworfene Neuordnung der Stadt und die Bebauung des Berliner Umlands bestimme weiterhin die Straßenstruktur Berlins. Viola Volland

Die Ausstellung in der Behrenstraße 42 ist werktags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt frei.

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