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Berlin: Der Show-Importeur

Toby Gough hat Bollywood nach Berlin gebracht

Wer ihn sprechen will, muss sich gut mit seiner Mutter verstehen. Die weiß immer, wo sich Toby Gough gerade aufhält – und über wessen Telefon er zu erreichen ist. Er selbst hat keins: Das Handy versenkte er vor Jahren im Teich, einen Festnetzanschluss braucht er sowieso nicht – er hat gar keine eigene Wohnung.

Toby Gough, 36, ist Drehbuchschreiber und Musical-Produzent. Seit elf Jahren reist er um die Welt, um neue Stoffe für Bühnenshows aufzutun. Gough ist der Mann hinter den Kuba-Musicals „Lady Salsa“ und „The Bar at Buena Vista“, seine aktuelle Produktion „Bollywood – The Show“ ist noch bis Sonnabend im Admiralspalast zu sehen. Viel Anerkennung bekam er diesen Sommer für sein Projekt „Children of the Sea“, eine Tanzshow mit Darstellern aus dem bürgerkriegszerrütteten Sri Lanka. Gough schaffte es, junge Laienschauspieler aus den verfeindeten Volksgruppen der Singhalesen und Tamilen für das Stück zu gewinnen. „Durch den Tsunami sind beide Lager etwas zusammengerückt, darin habe ich meine Chance gesehen.“ Trotzdem waren die Hürden groß: Da beide Volksgruppen eigene Sprachen sprechen – die einen Singhalesisch, die anderen Tamil – und eine Festlegung auf eine Sprache undenkbar war, lies Gough das Stück zweisprachig schreiben. Als Geschichte wählte er „bloß nichts, was mit heutigen Konflikten zu tun hat“, sondern das Shakespeare-Stück „Perikles“.

Auch nach wochenlangen Proben war es nicht möglich, beide Gruppen in demselben Hotel unterzubringen. Schließlich habe sich aber doch etwas getan: „Auf eine gewisse Art sind wir zusammengewachsen.“ Das Stück wurde zunächst in Sri Lanka gezeigt, die Erlöse gingen an Tsunami-Opfer. Diesen August wurde es beim Edinburgh-Kultur-Festival ausgezeichnet. Kurz danach musste Gough feststellen, dass es bis zur Aussöhnung der Volksgruppen noch ein weiter Weg ist: Als eine singhalesische Darstellerin den gewonnenen Preis in ihr Heimatdorf bringen wollte, wurde ihr Taxi mit einer Granate beworfen.

„Children of the Sea“ wird Gough wohl nicht nach Deutschland bringen. Dafür seine nächste kommerzielle Produktion, für die er im November nach Brasilien reist: ein Musical mit Darstellern aus den Favelas von Salvador da Bahia. Fremde Kulturen haben es ihm angetan, sagt er, „ich will immer neue Geschichten kennenlernen, um die britischen kümmern sich schon genug andere“. Klauen wolle er bei fremden Kulturen aber nicht – „ich biete ihnen nur die Bühne“. Wer die aktuelle Bollywood-Show im Admiralspalast noch sehen will: Karten gibt es telefonisch unter 47 99 74 99. sel

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