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Berlin: Der Vater bestreitet vor Gericht die Vorwürfe

Die Frau im Zeugenstand schluchzt laut, ihre Schultern zucken. Ein Augenblick der Stille folgt, dann bekommt die 30-jährige Zeugin mit der Zottelfrisur von den Richtern der 30.

Die Frau im Zeugenstand schluchzt laut, ihre Schultern zucken. Ein Augenblick der Stille folgt, dann bekommt die 30-jährige Zeugin mit der Zottelfrisur von den Richtern der 30. Großen Strafkammer ein Papiertaschentuch gereicht. Die menschliche Geste tut der Frau wohl, sie wischt sich die Tränen ab und erzählt von ihrem schweren Leben.

Die 30-Jährige im Zeugenstand verdient ihr Geld als Gartenarbeiterin und lebt mit ihren vier Kindern und ihrem Freund in einer großen Wohnung in Marzahn. Sie ist ein einfacher Mensch und würde nie sagen, dass sie es schwer hat. Vielleicht weiß sie es nicht einmal, doch die Einzelheiten sprechen für sich. Ihre 11-jährige Tochter Jenny soll vom eigenen Vater sexuell missbraucht worden sein. Die Staatsanwälte zählen 135 Vorfälle in der Anklageschrift auf. Das Ganze soll im November 1996 begonnen und bis zum März 1998 gedauert haben. Im November 1996 war Jenny acht Jahre alt. "Ich habe Jenny mit 18 bekommen, er sagt bis heute, dass sie nicht seine Tochter ist", sagt die Zeugin. "Anderthalb Jahre lang hat er meine Tochter angefasst", sagt sie und muss von Neuem schluchzen.

Dem Angeklagten ist es sichtbar peinlich, vor Gericht zu stehen. Er beugt sich im Sitzen weit vor und versteckt sich förmlich hinter der Balustrade vor der Anklagebank. Dabei bestreitet Frank N.", 38 Jahre alt, zuletzt als Hausmeister in einem Obdachlosenheim tätig, die Vorwürfe. Bis zur Trennung im März 1998 habe er bei der Mutter und den vier Kindern gewohnt, sagt er und schildert das Auf und Ab einer gestörten Beziehung: "Sie hetzte mir die Polizei auf den Hals, obwohl ich nichts getan hatte. Sie hat mir schon alles Mögliche angehängt." Ihr Motiv sei Eifersucht, sie könne die Trennung nicht akzeptieren und habe ihn immer wieder vergeblich zur Rückkehr gedrängt. In der Wohnung sei "immerzu Party gewesen, ich hatte nie Ruhe. Da rannten Typen rum, soffen ohne Ende und sahen sich Sex-Videos an. Ihre Kumpels blieben über Nacht", sagt er. Warum hat Jenny in ihren Aussagen schwere Vorwürfe erhoben, angefangen vom Oralsex bis zur versuchten Vergewaltigung, wollen die Richter wissen? "Das kommt, weil der neue Freund die ganze Familie unter Druck setzt. Und die Jenny ist so schlau. Sie schlägt sich auf die Seite des neuen Freundes, weil sie immer im Mittelpunkt stehen will", sagt der Angeklagte. Jenny sei ganz einfach gegen ihn aufgehetzt worden, sagt er und zieht eine Trumpfkarte: "Jenny hat auch frühere Freunde ihrer Mutter schlechtgemacht."

Solche Geschichten hat es tatsächlich gegeben. Wie Jennys Mutter bestätigt, hat das Kind einem Ex-Freund nachgesagt, er habe sie angefasst. Auf spätere Nachfrage habe das Mädchen eingeräumt, sie habe es nur so gesagt, um "ihn fertig zu machen, weil der nicht intelligent sei und sie ihn nicht leiden könne". Gleichwohl ist ein Gutachter zu dem Schluss gekommen, dass Jennys Version über ihren Vater stimmen könnte.

brun

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