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Berlin: Der vergessene Bräutigam

Vor einem Jahr flog Olongo Mungombe von Berlin nach Kinshasa, um sich Hochzeitspapiere zu besorgen – dort wartet er noch immer

Die gemeinsame Wohnung war eingerichtet, das Aufgebot beim Standesamt bestellt. Daniela Rehberg und Olongo Mungombe waren verliebt und glücklich. Doch dann fehlten Dokumente. Im Januar 2003 flog der Verlobte in den Kongo, um die fehlende Geburtsurkunde und den Nachweis seiner Ledigkeit zu besorgen. Es sollte nur eine kurze Reise werden, doch nun wartet Olongo seit einem Jahr darauf, dass er zurückkommen darf. Und das, obwohl ihm die Berliner Ausländerbehörde vor seiner Abreise zusicherte, dass er wieder einreisen kann. Am 1. Mai vergangenen Jahres hätte er in Berlin seine Lehrstelle als Koch antreten können. Die ist längst an einen anderen vergeben.

Olongo Mungombe ist wie seine Verlobte 25 Jahre alt. Er kam 1990 als Elfjähriger mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester aus Kinshasa nach Berlin. Hier studierte sein Vater an der Technischen Universität Ingenieurswissenschaften. Während der Zeit des Studiums verschlechterte sich die politische Situation in Kongo, die Eltern beantragten für sich und die Kinder Asyl. Der Antrag wurde abgelehnt, seit 1993 läuft im Falle des Sohnes Olongo eine Klage gegen die Ablehnung. Die Eltern arbeiten heute im Entwicklungshilfedienst in Sierra Leone.

Olongo blieb in Berlin zurück. Mit der Hilfe von Heinrich Meinhardt, dem Pfarrer der evangelisch-methodistischen Gemeinde in Reinickendorf, schaffte er den Schulabschluss und bekämpfte erfolgreich Alkoholprobleme. Im Juli 2000 lernte er Daniela Rehberg kennen und wurde in ihrer Familie aufgenommen. Kurze Zeit später verlobten sich die beiden. Die Ausländerbehörde stellte fest, „dass es sich um eine stabile Beziehung handelt und dass die Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft ernsthaft beabsichtigt ist.“ Die Behörde sicherte zu, dass „im Falle seiner freiwilligen Ausreise in seinen Herkunftsstaat die Zustimmung zur erneuten Einreise zum Zwecke der Eheschließung mit Daniela Rehberg erteilt wird“.

Kurz darauf, am 20. Januar 2003, reiste Olongo nach Kinshasa, um sich die Papiere für seine Hochzeit zu besorgen. „Er hatte große Angst, nach Kinshasa zu fliegen“, sagt Daniela Rehberg, „aber die Zusage der Ausländerbehörde hat uns ermutigt“.

Olongo legte innerhalb von neun Tagen die fehlenden Urkunden bei der deutschen Botschaft in Kinshasa vor und beantragte das Visum. Die Berliner Ausländerbehörde faxte ihre Zusage für die Einreisegenehmigung. Doch die Botschaft in Kinshasa verweigerte das Visum mit dem Hinweis, dass sie ein solches erst dann ausstellen müsse, wenn der Hochzeitstermin feststeht. Den aber kann das Standesamt in Marzahn nur festlegen, wenn das Berliner Kammergericht die Unterlagen aus Kinshasa genehmigt und ein „Ehefähigkeitszeugnis“ ausstellt. Dazu kam es bisher nicht.

Im August 2003, ein halbes Jahr, nachdem er die Dokumente in der Botschaft vorgelegt hatte, erfuhr Olongo von seiner Berliner Anwältin, dass die Geburtsurkunde von einem falschen Standesamt in Kinshasa ausgestellt wurde und nicht akzeptiert wird. Olongo forschte erneut nach und legte der Botschaft im Oktober die richtigen Dokumente vor. Seitdem hat er nichts mehr gehört.

8000 Euro hat die methodistische Gemeinde bisher für den Unterhalt Olongos in Kinshasa bezahlt, auch die Eltern der Verlobten unterstützen ihn. Die Interventionen von Pfarrer Meinhardt und Methodisten-Bischof Walter Klaiber beim Auswärtigen Amt waren bisher erfolglos. Die Botschaft prüfe die Dokumente, versichert Erwin Ganzer, ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. „Bei bilingualen Ehen dauert die Prüfung der Unterlagen unterschiedlich lang, je nachdem, aus welchem Land jemand kommt“, sagt Ilona Wiese, Sprecherin des Kammergerichts. Das sei zwar bedauerlich, aber nicht zu ändern.

„Wir mailen uns jeden Tag“, sagt Daniela Rehberg und kämpft mit den Tränen. Wenn sie abends von ihrer Arbeit nach Hause kommt, ist die Wohnung leer. Außerdem sorgt sie sich um die Gesundheit ihres Verlobten, der unter Malaria-Attacken leidet. „Er erholt sich gar nicht mehr richtig.“ Für Medikamente fehlt das Geld. „Dabei haben wir doch noch so viel vor“, sagt sie, „wir wollen eine Familie gründen und Kinder bekommen“.

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