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Die Zäune im Tiergarten werden meist nach Bedarf aufgestellt - wie hier beim Marathon.

© Soeren Stache/dpa

Sicherheitsauflagen für Großevents in Berlin: Der Zaun des Kurfürsten kommt zurück

Hohe Gitter sollen Tiergarten-Feste sicher machen. Die Idee hat eine jahrhundertelange Tradition.

Über die Maße des ersten Zauns im Tiergarten gibt es keine exakten Angaben. Aber man darf sicher sein, dass er weder dem aktuellen G-7- noch dem alten G-8-Standard entsprach, mithin weder 2,20 Meter hoch noch kippfest oder gar undemontierbar war, wie dies die Behörden für das Mitte des Monats auf der Straße des 17. Juni geplante Umweltfestival der Grünen Liga Berlin verlangen. Doch trotz dieses Mangels an historischer Exaktheit wird man sagen können, dass der Zaun als solcher im Tiergarten eine uralte Tradition hat, wenngleich nicht als Schutz des Menschen vor den Unwägbarkeiten und Gefahren einer Massenveranstaltung.

Der erste Zaun – man könnte auch sagen: der Urzaun – diente vielmehr höchst egoistischen Interessen der kurfürstlichen Landesherren. Der Beginn der Tiergarten-Geschichte lässt sich genau datieren: 13. Mai 1257. An diesem Tag tritt die Teilstadt Cölln das große Waldgebiet westlich der Stadtmauern und südlich der Spree an Kurprinz Joachim ab, sein kurfürstlicher Papa wünschte das so. Ein „Tier- und Lustgarten“ sollte entstehen, und das bedeutete für den Prinzen die Anlegung eines bequem gelegenen Jagdreviers. Er mochte wohl nicht immer in den fernen Grunewald reiten, wo er als Landesherr Joachim II. später das dortige Jagdschloss bauen ließ. Der hölzerne Vorläufer der Schlossbrücke hieß denn auch bis ins 19. Jahrhundert hinein Hundebrücke. Hier sammelten sich die Jagdgesellschaften, um mit ihren Hunden in den Großen Tiergarten aufzubrechen.

Die kurfürstlichen Zaunbauer hatten viel Arbeit

Der neue Grundbesitz war bald auch mit viel Ärger verbunden. Mancher Untertan sah das Jagdrevier als wohlfeile Möglichkeit zur Bereicherung seiner Speisekarte an, viel Wildbret ging der kurfürstlichen Küche dadurch verloren. „Wer einen Hirschen scheußt, bezahlt darob 500 Thaler Strafe, für einen Hasen 50 Thaler“, hieß es im offiziellen Bußgeldkatalog von 1610. Offenbar half das nicht viel, denn ein Jahr später ließ Kurfürst Johann Sigismund den mittlerweile nach Westen erweiterten und teilweise auch landwirtschaftlich genutzten Tiergarten mit einem Zaun umgeben. Und auch als das Areal um 1655 über die Spree hinaus bis an die heutige Turmstraße erweitert wurde, hatten die kurfürstlichen Zaunbauer gut zu tun.

Forstbeamte, Stackensetzer genannt, hielten den Zaun in Ordnung, pflegten den Baum- und vor allem auch den Tierbestand, der durch Aussetzen weiterer Wildtiere kräftig aufgestockt wurde. Rehe, Hirsche, Auerhähne, Hasen, ja selbst Büffel wurden in den Tiergarten gebracht, zum Ärger der Bürger, die die Wiesen des Tiergartens nutzten, aber oft nur noch vor einer fast kahl gefressenen Wüste standen.

Das Jagdrevier samt Zaun hatte noch bis in die Zeit der ersten preußischen Könige Bestand, seit Friedrich I. durchschnitten vom Vorläufer der Straße des 17. Juni, der Verbindung zwischen Berliner Stadtschloss und dem neuen Schloss Charlottenburg. Noch zu dessen Regierungszeit als Kurfürst Friedrich III. ließ Hofjäger Kemmerich den Großen Stern anlegen. Als sogenannter Jagdstern mit Sichtachsen und Schneisen war er ein festes Element in der barocken Gestaltung eines Jagdreviers, dort wurde das Wild bei der Parforcejagd zusammengetrieben. Viel Zukunft hatte das Jagdrevier da schon nicht mehr. Unter Friedrich II. war mit der wilden Hatz ohnehin Schluss. Er mochte das nicht, ließ den Großen Tiergarten von seinem Baumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zur ersten öffentlichen Parkanlage Berlins herrichten. Der Zaun aber kam weg.

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