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Berlin: Des Kaisers neue Höfe

Unter den Linden sind zwei wilhelminische Prachtbauten saniert worden. Im April werden sie eingeweiht – und bieten luxuriöse Wohnungen und große Büros

Die Hüllen sind gefallen, und schon wirkt die Schönheitskur: Das neue Make up tut der Straße Unter den Linden an einer prominenten Stelle erfrischend gut. Nahe der Kreuzung der „Linden“ mit der Friedrichstraße, zwischen ZDF-Studio im Zollernhof und dem „Haus der Schweiz“, wurden in den letzten 18 Monaten zwei kompakte Gründerzeit-Häuser, die den Krieg überlebt und die DDR überstanden hatten, sorgfältig restauriert. Nun präsentieren sich die unter Denkmalschutz stehenden wilhelminischen Prachtbauten als Beispiele für das Flair, das den Ruf des Boulevards einst begründete.

Diese Art von Stadtbilderneuerung beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Aufhübschen der sichtbaren historischen Bausubstanz. Auch hinter den Halbsäulen, Kapitellen, Portaleinfassungen, Balkons und Pilastern der hellgrauen Muschelkalkfassaden entstand Neues: moderne Büroräume, Wohnungen, elegante Treppenhäuser und Läden im Parterre neben einer Passage von den „Linden“ zur nördlicher verlaufenden Mittelstraße. Über 50 Millionen Euro haben sich die deutsch-spanischen Projektentwickler Meermann und Chamartin die Sanierung kosten lassen. Im April wird das Ensemble, das die Bauherren nun Kaiserhöfe nennen, mit seinen zwei Höfen und sieben Aufgängen offiziell eingeweiht.

In diesen Tagen arbeiten sie noch heftig bei der Innenausstattung, und die Architektin Elisabeth Rüthnick erklärt uns schon einmal, was hier für wen erneuert wurde. Das „Bauen im Bestand“ ist ja stets etwas Besonderes, Behutsames – hier wurde zum Beispiel das abgeschrägte Dachgeschoss ab der Traufe mit 34 neuen Wohnungen veredelt. In den Geschossen darunter werden „große Mieter“ logieren, groß, was die Fläche ihrer Büros betrifft – der Bund der Krankenkassen und der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung haben ganze Etagen belegt. 14 000 Quadratmeter misst die vermietbare Fläche, 3500 davon für die unterschiedlich großen, allesamt luxuriösen Wohnungen. Zu DDR-Zeiten saß in diesem Gebäude die Deutsche Außenhandelsbank, nach der Wende die West-LB. Zu den „Linden“ gelegen sind jetzt die Rundbogen-Schaufenster und Eingänge zur Berlin Story. Die Buchhandlung von Wieland Giebel wird mit 1200 Quadratmetern dreimal größer sein als zurzeit neben dem Café Einstein, „das ist eine gewaltige Herausforderung“, sagt der Verleger, dem der Umzug und der Schritt in eine neue Dimension schon einigen Mut abverlangt. Zwei Etagen wird die Buchhandlung mit dem Spezialsortiment Berlin, DDR und Brandenburg sowie zahlreichen Souvenirs haben, dazu ein Bistro-Café und eine Leselounge.

Am Ende des Innenhofs soll es wieder ein Restaurant geben, wie damals, als Kaiser Wilhelm II. anno 1913 das Autopalais im Mercedes-Haus eröffnet hatte. Eigentlich sollte und wollte Mercedes wieder einen Schauraum Unter den Linden etablieren, aber die Stuttgarter überlegten es sich doch anders, so stehen die Räume mit den hohen Fenstern noch leer. Nur Kaiser Wilhelm ist geblieben: Man hat seine weiße Carrara-Marmor-Büste in eine Nische im ersten Hof gestellt, da guckt er nun mit Herrscherblick, ordensbehangen, als Namenspatron der Kaiserhöfe. Vielleicht haben sie dem Ensemble diesen Namen im Sinne einer an dieser Stelle wiederbelebten Tradition gegeben – und als kleinen Kontrapunkt zum Neubau gleich nebenan an der Ecke Friedrichstraße, den Münchner Investoren „Upper Eastside“ nennen.

Den Mann, der das alles zusammen mit seinen iberischen Partnern plant und bezahlt, trifft man hoch über der Weidendammer Brücke, im vierten Stock des Spreekarrees. Heinz H. Meermann ist Geschäftsführender Gesellschafter der Meermann Bau- und Invest-GmbH. Die Liebe zum Antiquarischen ist beim Blick aufs Mobiliar unverkennbar. Meermann ersteigerte die Einrichtung eines alten Tabakladens in der Chausseestraße für seine Kaiserhöfe. Gleichermaßen aber liebt der Investor das Moderne: Über seiner Couch hängt ein großformatiger Panoramablick auf den Berliner Osten von Walter Womacka. Der Maler stand mit seiner Staffelei hoch oben im Handelszentrum. „Da unten“, sagt der 59-jährige Immobilienkaufmann und Objektentwickler, während er aus dem Fenster über die Spree blickt, „da unten haben wir in Mitte 45 Baudenkmäler saniert“. Es mache „riesigen Spaß, maroden Gebäuden alten Glanz wiederzugeben und so an der Entwicklung von Mitte teilzunehmen“.

Der Mann hat sichtlich Freude an dieser Arbeit, weil damit „die Stadt manche Schönheit wieder erhält“ – wie die Häuser am Kupfergraben gegenüber dem Pergamon-Museum oder das „Kanzler-Eck“ an der Reinhardt- Ecke Charitéstraße. „Man muss das, was man macht, auch lieben“, sagt Heinz H. Meermann.

Der Wahl-Berliner stammt aus Werl in Westfalen. Nach der Wende war er schneller als manch andere in Berlin, „verliebte sich in die schöne, aber leider schwer vernachlässigte Bausubstanz in der Mitte der Stadt“, schreibt Lothar de Maiziere in einem Buch über Meermanns Bauten, „und seither erweckt er ein Gebäude nach dem anderen aus dem Dornröschenschlaf“. Wie die Kaiserhöfe Unter den Linden.

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