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Berlin: Die 1000 Euro Taschengeld sind schon weg

Was macht eigentlich die Berlinale-Jury? Sie arbeitet hart, sagt ihr Präsident Roland Emmerich. Und alles für die Ehre

Sie entscheiden über Wohl und Wehe eines Films auf der Berlinale: die Mitglieder der Jury. Aber wie kommt sie eigentlich zu ihren Urteilen? Darüber sprachen wir mit HollywoodRegisseur Roland Emmerich, dem Jury-Präsidenten.

Wie sieht Ihr Terminkalender aus?

Mein Stundenplan geht von 9 Uhr früh bis nachts um zwölf. Und der besteht nicht nur aus Filme anschauen, Interviews geben und auf Partys gehen. Es gibt etliche Seminare und viele Meetings. Ich bin vom Festival völlig verplant.

Dafür werden Sie doch sicherlich fürstlich entlohnt als Präsident...

Man verdient keinen Heller, das ist reine Ehrensache. Zu Beginn habe ich 1000 Euro als Taschengeld bekommen. Aber das habe ich gleich am ersten Abend ausgegeben, als ich meine Jury-Kollegen zum Essen eingeladen hatte.

Ein Bär ist Gold wert – wie schützen sich die Film-Schiedsrichter vor Bestechlichkeit?

Wir sind natürlich alle absolut unbestechlich...

...und zum absoluten Schweigen verdonnert.

Ja, jeder musste ein Formular unterschreiben, dass er nichts verrät. Auch wenn die Preise längst vergeben sind, darf niemand etwas ausplaudern.

Was passiert, wenn jemand einen Film schwänzt?

Das kann nicht passieren, die Festivalveranstalter passen wie die Schießhunde auf uns auf. Es gibt zwei Betreuer, die uns vor jedem Film immer alle einsammeln. Wir haben lediglich die Möglichkeit, zwischen der Vormittags- und Abendvorstellung zu wählen

Gibt es Streit in der Jury?

Zu meiner großen Erleichterung verstehen wir uns prima, jeder findet jeden sympathisch. Das erste Treffen am Samstag lief sehr gut, wir waren uns alle total einig. Wir haben über die ersten acht Filme beraten, die wir gesehen haben. Was keiner preiswürdig fand, wurde gleich aussortiert. Der Rest kam auf den Stapel, der nach den folgenden zwei Sitzungen wohl aus sechs bis acht Kandidaten bestehen wird.

Als Zuschauer kann man bei schlechten Filmen gehen, was macht man als Juror?

Jeden Tag drei Filme anzuschauen, ist schon ziemlich anstrengend. Wenn darunter dann ein Film ist, der vielleicht nicht so gut ist, dann kämpft man schon mal mit dem Schlaf. Als Jury darf man einen Film nicht verlassen.

Für das „Arche Noah Prinzip“ wurden Sie seinerzeit auf der Berlinale geschlachtet – ist der Jury-Job eine späte Wiedergutmachung?

Es gab damals auch ein paar gute Kritiken. Aber ich kann die Reaktionen heute schon auch verstehen, weil das Festival einfach diesen politischen Anspruch hat. Zu sehr auf Hollywood ausgerichtet zu sein, wäre für die Berlinale nicht gut – das sage ich, der ein totaler Hollywood-Fan ist!

Es gibt diesen Mythos, wonach der Festivalchef Einfluss nimmt, damit die Preise ausgewogen vergeben werden: ein bisschen Hollywood, Frankreich darf nicht fehlen, die Asiaten nicht verprellen...

Bei unseren Sitzungen ist Dieter Kosslick gar nicht dabei, wir entscheiden das völlig allein. Es gibt lediglich einen Vertreter des Festivals, der darauf achtet, dass wir bei den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von Preisen formal nicht gegen die Regeln verstoßen. Mir persönlich ist die Herkunft eines Films bei der Preisvergabe völlig egal, eine Quote wird es nicht geben. Wir sind ja schon froh, wenn es zwei oder drei Filme gibt, die wirklich preiswürdig sind.

Würden Sie den Job nochmals machen?

Das macht man einmal im Leben. Wenn man einmal auf einem Festival war, wird man für alle anderen automatisch uninteressant.

Das Interview führte Dieter Oßwald

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