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Berlin: Die Antreiber

In Berlin produzieren die Großen der Verkehrsbranche – und die Forschung am Ort ist vielversprechend

Alle zwei Jahre steht die Region Berlin-Brandenburg im Mittelpunkt der (Verkehrs-)Welt: Die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Schönefeld und die Bahnfachmesse Innotrans holen Fachbesucher aus vielen Ländern an die Spree. Die Innotrans ist die wichtigste Fachmesse ihrer Art weltweit. 2006 waren hier rund 140 Aussteller aus der Hauptstadtregion vertreten. 2008 findet die nächste statt – wenige Monate nach der ILA. Doch Verkehrstechnik ist für Berlin und sein Umland auch außerhalb der Großveranstaltungen von Bedeutung.

Autos und Flugzeuge werden in der Region zwar nicht mehr gebaut, aber Motorräder bei BMW in Spandau, Bahnfahrzeuge bei Bombardier in Hennigsdorf und bei Stadler in Pankow, Motoren bei Daimler-Chrysler in Marienfelde, Triebwerke bei Rolls-Royce in Dahlewitz oder elektrische Anlagen bei Siemens in Siemensstadt. Die Großen sind schon lange in der Region vertreten oder haben Traditionsunternehmen übernommen – wie Bombardier die einst von der AEG gegründete Lokomotivschmiede in Hennigsdorf.

Andere sind erst in den vergangenen Jahren nach Berlin gekommen. In Pankow stellt das Schweizer Unternehmen Stadler seit dem Jahr 2000 Eisenbahnfahrzeuge und Straßenbahnen her. Zunächst in einem Joint Venture mit Adtranz und seit Juni 2001 in eigener Regie. Stadler produziert in einem modernen Neubau, der 1997 eigentlich für Adtranz errichtet worden war. Das Unternehmen hatte seine Fertigung dort kurz nach dem Einzug eingestellt. Nach der Fusion der Schienentechniksparten von ABB und Daimler Benz zum Unternehmen Adtranz hatte der neue Konzern zu viele Produktionsstätten und schloss deshalb unter anderem auch eines der modernsten Werke.

Jetzt beschäftigt Stadler insgesamt etwa 550 Mitarbeiter. Unter anderem liefert es Straßenbahnen für Bochum, München und Lyon. Beim großen Straßenbahnauftrag der BVG kam die Firma allerdings nicht zum Zug: Der Berliner Konkurrent Bombardier hatte sich in einer Ausschreibung mit einem nach Ansicht der BVG besseren Angebot durchgesetzt. Die Enttäuschung bei Stadler war groß. Immerhin will die BVG maximal 200 Bahnen neu anschaffen. Der Auftrag kann etwa 500 Millionen Euro in die Kasse bringen. Bombardier lässt die Bahnen voraussichtlich in Bautzen und nur zu einem kleineren Teil in Hennigsdorf produzieren. Stadler-Bahnen wären dagegen „echte Berliner“ geworden.

Bombardier baut auch U-Bahnen für die BVG – und hat Pech damit. Der Verkehrsbetrieb nimmt die bestellten Züge derzeit nicht ab, weil die Achslager nicht so lange halten wie gefordert. Und bei den bereits gelieferten Bahnen müssen die Teile vorzeitig ersetzt werden. Die Technische Aufsichtsbehörde hat 23 Züge deshalb vorübergehend stilllegen lassen.

Mit Rückschlägen fertig werden mussten auch andere Unternehmen – wie etwa die Fahrzeugwerke Miraustraße GmbH in Wittenau. Einst wurden hier bei der Waggon Union unter anderem U-Bahnen und Doppeldeckerbusse für die BVG, aber auch Speisewagen für die Bundesbahn montiert. Als die Fertigung eingestellt wurde, übernahm Reiner Mattias das Werk. Sein Unternehmen hat sich auf Reparaturen spezialisiert, baut aber auch neue Fahrzeuge – zum Beispiel Reisezugwagen nach historischem Vorbild für die Inselbahn auf Langeoog.

Ein Katalysator für Firmengründungen ist die Technische Universität (TU). Die IAV GmbH, Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr, ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation der TU und der Volkswagen AG. Rund 2700 Mitarbeiter weltweit bieten inzwischen der Autoindustrie serientaugliche Lösungen an – vom Antrieb bis zur Elektronik. Auch die IAT Ingenieurgesellschaft für Automobiltechnik arbeitet eng mit der TU zusammen. Das Unternehmen hat sich auf Crashtests spezialisiert und beschäftigt derzeit 25 Mitarbeiter in Berlin.

Die TU selbst hat Lehrstühle auf allen Gebieten der Verkehrstechnik – dem Schienen-, Straßen-, Wasserstraßen- und Seeverkehr, der Luft- und Raumfahrt sowie der Logistik. Als eine der wichtigsten außeruniversitären Forschungseinrichtung gilt das Verkehrsforschungszentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Adlershof. Der kleine Ortsteil, bereits Thema in der ersten Folge dieser Serie, hat sich seit der Wende zur Wissenschaftsstadt gemausert.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist erst jetzt wieder ausgezeichnet worden: Es unterstützt mithilfe eines neuartigen Scanners die Sicherheitskontrollen an Flughäfen. Einen Preis für intelligente Sicherheitslogistik für Flughäfen hat auch die Karp GmbH aus Königs Wusterhausen erhalten. Und der Lilienthal-Preis 2007 ging an das Berliner Unternehmen Cyro Snow für ein umweltfreundliches Reinigungsgerät für Flugzeuge. Mit dem Preis werden innovative und marktnahe Produkte gewürdigt. Es zeige sich, dass die Region sich neben München und Hamburg zum dritten Luft- und Raumfahrtstandort in Deutschland entwickelt hat, ist Andreas Kaden, der Präsident der Berlin-Brandenburg Aerospace Allianz (BBAA), überzeugt. Die nächste ILA kann es beweisen.

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