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Die Bahn nach dem Streik: Berlin wieder im Gleis

Der längste Streik in der Geschichte der Bahn ist beendet. Rund läuft der Verkehr am Sonntag bei Fern- und Regionalbahn aber noch nicht. Viele Züge fallen aus. Ein Bahnhofsbesuch.

„Durchwachsen“ sei die Stimmung, sagte ein Kundenbetreuer der Bahn am Sonntagmittag im Hauptbahnhof. Weiter wollte der Mann das nicht erläutern, sein Blick sprach aber Bände. Kurz darauf begann ein älterer Mann lauthals am Schalter zu schimpfen, weil offensichtlich sein Bruder den Zug verpasst hatte. Der fuhr, anders als sonst nicht oben, sondern unten im Bahnhof. Eine Annäherung zwischen diesem gescheiterten Reisenden und dem Eisenbahner erfolgte nicht: Der eine verwies darauf, dass die Gleisänderung mehrfach durchgesagt wurde. Der andere sagte, dass sein Bruder kein Deutsch verstehe. Zeugen dieser Auseinandersetzung – die Warteschlange war lang – fühlten sich an die Verhandlungen zwischen GDL und DB erinnert. Zum Trost verschenkte die Bahn Mineralwasser an Reisende.
Am Sonntag ging auch in der Region der längsten Streik in der Geschichte der Bahn zu Ende. Und es fuhr längst nicht alles. Gegen 13 Uhr war bei 7 der 23 Züge, die auf die große Abfahrtstafel passen „Fällt aus“ vermerkt. Den kuriosesten Hinweis hatte EC 45 nach Warschau: „DB Zugteil leer und verschlossen“. Minutenlang stand kein Zug in der oberen Halle.

Überall gab es Hinweise, dass am Sonntag im Fernverkehr weiterhin der Ersatzfahrplan gilt. Denn die GDL hatte nicht nur den längsten Streik überhaupt angezettelt, sondern diesen auch mit einer Gemeinheit enden lassen: Das Streikende lag zeitlich hinter den Betriebsbeginn. Das erschwerte laut Bahn den Einsatz den Einsatz der Züge enorm, weil fast alle nicht da waren, wo sie gebraucht wurden. Schneller fand die S-Bahn zum Normalbetrieb zurück, gegen 14 Uhr verschwand die Warnung, dass mit Streikfolgen zu rechnen sei.

Gelächter über Windows

Aber es wurde auch gelacht im Hauptbahnhof, und zwar in der Fahrkartenausgabe: Fast alle Automaten gaben gegen 13 Uhr gleichzeitig ihren Geist auf. Manche Geräte melden auf dem Display: „wird heruntergefahren“, andere abweichend: „wird hochgefahren“. Als das Logo von „Windows XP“ auf dem Monitor erschien wurde das Gelächter lauter. XP gilt als veraltetetes Betriebssystem mit Sicherheitslücken.

Berlins Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) bedankte sich am Sonntag bei der BVG. In einem Brief an alle Mitarbeiter schreibt er: „Sie haben dafür gesorgt, dass Berlin nicht still steht und mit Ihrer Arbeit der Stadt einen außergewöhnlichen Dienst erwiesen.“ Nach Einschätzung der BVG wurden an den Streiktagen in den Spitzenzeiten am Morgen bis zu 60 Prozent mehr Fahrgäste gezählt, das sind etwa fünf Millionen. Der Takt konnte nicht erhöht werden, weil es nicht genug Fahrzeuge gibt. Nur auf der U 12 fuhren Sonderzüge, auf einigen Straßenbahnlinien längere Züge. Auch BVG-Chefin Sigrid Nikutta dankte am Sonntag ihren Leuten: „Auch bei großen Herausforderungen ist auf die BVGer Verlass.“

GDL-Streik hat BVG 1,5 Millionen gekostet

Bei den GDL-Streiks im Winter waren es sogar bis zu 70 Prozent mehr Fahrgäste, vermutlich ist jetzt ein Teil der Fahrgäste aufs Fahrrad umgestiegen. Genauere Angaben gibt es nicht, da Berlin anders als andere Städte keine aktuellen Zahlen nennen kann, wie viel Radler unterwegs sind. In Wien zum Beispiel ist die Zahl für alle an 12 großen Kreuzungen sichtbar.
Etwa 1,5 Millionen Euro an Mehrkosten habe der GDL-Streik der BVG beschert, teilten die Verkehrsbetriebe mit, vor allem durch den größeren Personaleinsatz. So waren 80 BVG-Mitarbeiter zusätzlich an den Umsteigebahnhöfen zur Information im Dienst. Auch streikbedingte Reparaturen kosteten der BVG viel Geld : Es hat viele Schäden an den Zügen gegeben, weil Fahrgäste im Gedränge die Tür mit Gewalt aufhielten, um noch hereinzukommen. Problematisch für die BVG war auch, dass die Straßen in der Streikwoche voller waren und die Busse deshalb im Stau standen. An den ersten Streiktagen hatten manche Wagen bis zu 45 Minuten Verspätung. Die Lage beim Bus blieb am Sonntag schwierig: Wegen des 25-Kilometer-Laufs wurden viele Linien eingestellt oder umgeleitet. Auch in den kommenden Tagen wird es massive Beeinträchtigungen geben.

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