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Jean Corbo (Anthony Therrien, r.) träumt von einem unabhängigen Québec. Dann knallt es.

© Marlène Gélineau Payette

Generation 14plus: Die besten Jugendfilme der Berlinale

Die Berlinalefilme der Sektion 14plus zeigen Sex, Drogen und Revoluzzer. Wir haben die besten zusammengestellt.

Nachdem man „Corbo“ gesehen hat, hat man Lust zu rauchen und jemandem in die Fresse zu schlagen. Die kanadische Produktion zeigt ein klassisches linkes Revoluzzer-Szenario. Québec, sechziger Jahre, Typen mit Hornbrille und Anzug sitzen im verqualmten Hinterzimmer und philosophieren über die Ausbeutung der Arbeiter und den Sozialismus. Ihre Zuhörer sind jung und wissen nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollen. Der Schüler Jean Corbo (Anthony Therrien) ist genau im richtigen Alter, um sich von den Rattenfängern bequatschen zu lassen. Er stößt zu der Gruppe, weil sein Vater konservativer Politiker ist und weil Julie (Karelle Tremblay) zur Widerstandsbewegung gehört. Die mit dem roten Kleid. Sie träumen von einem marxistischen und unabhängigen Québec und wettern gegen den "Kolonialismus im eigenen Land". In Kanada erstarkt gerade der separatistische Front de libération du Québec (FLQ). Jean und seine neuen Freunde gehören dazu. Zuerst pinseln sie Parolen an Wände und verteilen Flugblätter, dann bauen sie Bomben.

Ähnlich wie beim kürzlich angelaufenen „Wir sind jung. Wir sind stark.“ über die Krawalle in Rostock-Lichtenhagen 1992, bekommt auch bei „Corbo“ die Unsicherheit der Aktivisten besondere Aufmerksamkeit. Man hat das Gefühl, die Leute hätten genauso gut für die andere Seite kämpfen können, wenn dort die Ideologen schneller gewesen wären. Die Dynamik der Gruppe verhindert aber, dass sie über das nachdenken, was sie da machen. Am Ende knallt es. (sg)
Dienstag, 10.2., 20.30 Uhr Haus der Kulturen der Welt, Donnerstag, 12.2., 16.30, CinemaxX 3, Samstag, 14.2., 15.30 Zoo Palast

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Minnie und der Freund ihrer Mutter

Der Bleistift kratzt energisch über das Blatt Papier, in wenigen Sekunden ist die Skizze einer nackten Frau fertig. Ein Mädchen erhebt sich vom Schreibtischstuhl, betrachtet ihr Werk, lächelt. Die Skizze wandert an die Wand, an der sie zwischen zahlreichen Comics und bunten Zeichnungen zu versinken droht.

Minnie (Bel Powley) lebt im San Francisco der siebziger Jahre. Eigentlich ist sie ein ganz gewöhnlicher Teenager, zweifelt an sich, will frei sein, sucht sich selbst- und trotzdem fühlt sie sich allein. Sie flüchtet sich in eine verhängnisvolle Affäre, nimmt Drogen, trinkt und haut von zu Hause ab. Um ihre eigenen Gefühle zu entwirren, zeichnet sie. Comics, Menschen, Situationen. Um ihre Gedanken loszuwerden, nimmt sie sie auf Kassetten auf. Als sie entdeckt werden, gibt es Stress. (lb)

Samstag, 7.2., 20 Uhr, Haus der Kulturen der Welt, Montag, 9.2., 16.30 Uhr, CinemaxX 3, Sonntag, 15.2.,.15.30, Cubix 8

Deine erste Liebe

Ayoub (Ayoub Elasri) steigt in den lila Lamborghini um Laura zu gefallen.

© Berlinale

„14+“ und „Prince“ sind die coolsten Filme der 14plus-Sektion, zwei Filme mit schönen Schauspielern und viel Kitsch. Beides Geschichten über Jungs, die auf ein Mädchen stehen, das zu einer älteren Clique gehört, also unerreichbar scheint. "Prince" spielt in einem Vorort von Amsterdam, es läuft Reggae, "14+" in einer russischen Hochhaussiedlung, es läuft Ska. 

Es ist heiß in Amsterdam, doch Ayoub (Ayoub Elasri) wünscht sich, es würde endlich regnen, endlich mal was abgehen. So steht er mit seinen Kumpels vor einer Häuserfront, kaut Kürbiskerne und schaut in die Sonne. Sie reden darüber, was man braucht, um bei Frauen Erfolg zu haben. Uhren, Autos, Designerklamotten. Sie lachen über sich selbst. Einer sagt: „Unsere Zeit wird kommen“ und spuckt eine Hülse auf den Asphalt. Dann kommt Laura. Sie sieht unfassbar gut aus, wie eine Fee. Ayoub spricht sie an, sie nimmt ihn nicht ernst. Später wird er von Lauras Freund verprügelt. Dann lernt er Kalpa kennen, einen Typ mit einem lila Lamborghini und Drogen. „14+“ beginnt damit, dass sich die Kamera langsam von der Fassade eines Häuserblocks entfernt. Am Ende sieht man die Siedlung: 20 Stockwerke pro Haus, mindestens. Farbe hat nur der Himmel. Hier, irgendwo in Russland, wohnt Alex. Auch er ist verliebt. Sie heißt Vika und wohnt ein paar Blocks von ihm entfernt. Vor ihrem Haus sitzen glatzköpfige Prolls, die sich mittags ihr erstes Bier aufmachen. Zu Hause versucht seine Mutter, ihm mit einem Bilderbuch zu erklären, wie Sex funktioniert. Nachdem er auf einer Schülerparty mit Vika tanzt, bekommt auch er auf die Fresse.

Beide Filme sind kitschig, und genau deshalb findet man sich so oft in den Szenen wieder. Zum Beispiel, als Alex bei Vika klingeln möchte und er, als sie ihm schon im Hausflur begegnet, sich schnell wegdreht, als würde er etwas Wichtiges machen. Und dann völlig frustriert innehält, während Vika das Haus verlässt. Oder der Dialog von Ayoub mit seinem Vater, den er selten sieht. „Wie gehts dir?“, „Gut.“. Pause. „Wie gehts deiner Schwester?“, „Gut.“. Pause. „Wie gehts deiner Mutter?“. „Gut.“. Ayoub lehnt sich an die Schulter seines Vaters. (sg)

"14+" Samstag, 7.2. 17 Uhr Haus der Kulturen der Welt, Sonntag 8.2. 15.30 Uhr Cubix 8, Samstag 14.2. 16.30 Uhr CinemaxX 3
"Prince" Freitag 6.2. 19.30 Uhr Haus der Kulturen der Welt, Samstag 7.2. 16.30 Uhr CinemaxX 3, Dienstag 10.2. 15.30 Uhr Zoo Palast

Wenn dir keiner glaubt

Ein Mädchen zieht mit einer Shotgun durch den Wald. Über ihr die Wipfel der schweren Tannen, die das schwedische Dorf behüten und einengen. Das Mädchen heißt Jennifer. Sie behauptet, von einem Mitschüler vergewaltigt worden zu sein, doch keiner glaubt ihr. Stattdessen wird ihr vorgeworfen, die Geschichte erfunden zu haben, weil der Junge sie habe abblitzen lassen, und jetzt störe sie die Gemeinschaft, die Ruhe im Dorf. Ihre Familie wird schikaniert, ein Pferd umgebracht, schließlich zieht ein wütender Mob zum Haus der Familie. Danach geht Jennifer mit der Shotgun in den Wald.

Die junge schwedische Schauspielerin Fatime Azemi überzeugt als Außenseiterin und schafft es, dass man bis zum Ende nicht ausschließen kann, ob sie sich die Vergewaltigung vielleicht wirklich nur ausgedacht hat. (sg)
"Flocken" läuft am Sonntag, 8.2., 20.30 Uhr im Haus der Kulturen der Welt, Dienstag 10.2. 16.30 Uhr im CinemaxX 3 und Donnerstag 12.2. 15.30 im Cubix 8

Die Angst vor dem ersten Mal

Edo (Matteo Creatini, r.) wünscht sich mehr Dramatik in Pornos.

© Berlinale

"Short Skin" ist der beste Film über Vorhautverengung, den ich je gesehen habe. Auf jeden Fall schafft er es, mit diesem komischen Ding umzugehen. Das liegt vor allem an Matteo Creatini, der als Edoardo, schlaksig, lockig, schüchtern, dem Thema Ernsthaftigkeit gibt, bei dem man sich eigentlich peinlich berührt grinsend abwendet.

Edo liebt Bianca, hat aber Angst vor dem ersten Mal, denn sogar Onanieren ist zu schmerzvoll. Vor einer Operation hat er aber Angst. Dann will Bianca in Paris studieren. Das ist eigentlich die Stelle, an der ein Protagonist seine Liebe gestehen würde und sie doch nicht geht oder er spontan mitfährt. Doch sie umarmen sich und dann fährt sie - alleine. Wie Edoardo darauf reagiert, seht ihr am Sonntag, 8.2. um 17.30 Uhr im Haus der Kulturen der Welt.
Weitere Vorstellungen: Dienstag, 10.2. im Cubix 8 um 15.30 Uhr und Samstag, 14.9. um 14 Uhr im CinemaxX 3.

Wer noch nicht genug hat:

"Wonderful World End" zeigt die skurrile Plastik-Welt japanischer Teenager, die, wunderbar verfremdet, die Realität hiesiger Jugendlicher spiegelt. El Gurí, Cloro und Mina Walking sind außer Frage beeindruckende Produktionen, jedoch in der Sektion 14plus fehl am Platz. Sie zeigen Zustände, die Filme haben wenig Entwicklung. Für Menschen mit viel Durchhaltevermögen - dann lohnt es sich aber. Das komplette Programm findet ihr auf www.berlinale.de/programm. (sg)

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Simon Grothe, 19, Luise Böhm, 14

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