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Franka Sonntag und Kollege Torsten Franz traten schon letztes Jahr für das Team-Berlin an.

© Jana Luck

Europameisterschaft 2016 in Lichtenberg: Die besten Tram-Fahrer Europas kommen nach Berlin

Bowling und mehr: Bei der Tram-EM fahren Straßenbahnfahrer aus ganz Europa in fünf Disziplinen gegeneinander. Es geht um Geschick, Augenmerk und viel Gefühl.

Vorsichtig fährt Franka Sonntag mit ihrer Straßenbahn an. Dann nimmt sie Fahrt auf, wird schneller, trifft den großen Ball mit der Nase der Tram und lässt drei von vier Kegeln umkippen. "Das geht eigentlich total gegen meinen Instinkt", sagt Sonntag, als sie aus dem Führerhäuschen aussteigt, "normalerweise muss ich sofort bremsen, wenn mir jemand oder etwas in die Schienen gerät." Aber zur Tram-EM ist das anders.

Die findet dieses Jahr zum fünften Mal statt, Gastgeber sind die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Franka Sonntag tritt mit ihrem Kollegen Torsten Franz für das Berliner Team an. Am kommenden Wochenende fahren sie mit Teilnehmern aus 27 Teams und 17 Nationen um die Wette, in fünf Disziplinen. Was außer Tram-Bowling dabei genau auf sie zukommt, erfahren sie erst am kommenden Freitag. "Aber wir üben ja sowieso jeden Tag, wenn wir arbeiten", sagt Franz. "Ich bin da noch total gelassen." Andere Teams trainieren vorher wie in Bootcamps, sagt er, "aber Franka und ich arbeiten ganz normal bis zum Tag des Wettkampfs."

Am Samstag, 23. April zwischen 10 und 16 Uhr lädt die BVG auf den Betriebshof in Lichtenberg, der Eintritt ist frei. Die Siegerehrung folgt um 17 Uhr. Straßenbahn-Chef Klaus-Dietrich Matschke erwartet zwischen 20.000 und 25.000 Zuschauer. Am Freitag davor haben die Teilnehmer Zeit, sich mit den Straßenbahnen der BVG vertraut zu machen. Beim Wettkampf fahren sie mit der Flexity Berlin und einem älteren Modell, der Tatra KT4D. 32 Meter lang sind die Bahnen. "Unser Team hat aber keinen Heimvorteil", sagt Matschke. "Denn die Straßenbahnen in Europa ähneln sich stark." Mit der Tram-EM sollen die Fahrer auch ein bisschen aus der Anonymität ihrer Fahrerkabine geholt werden, sagt Matschke. Zum ersten Mal sind in diesem Jahr alle Teams mit je einem Fahrer und einer Fahrerin besetzt.

Die BVG will auch neue Tramfahrer anwerben

Für die BVG ist die Tram-EM auch eine Möglichkeit, Azubis anzuwerben. "Vor allem Mädchen scheuen sich leider", sagt Pressesprecherin Petra Reetz. "Dabei hat Straßenbahnfahren überhaupt nichts mit dem Geschlecht zu tun." In Ostberlin war Tramfahren ein klassischer Frauenberuf, sagt sie. "Deshalb haben wir im Verhältnis auch immer noch mehr Frauen als zum Beispiel bei U-Bahn-Fahrern", sagt Reetz. Trotzdem bleibt der Frauenanteil bei 20 Prozent.

"Ich liebe das Tramfahren", sagt Franka Sonntag. "Man sitzt immer in der ersten Reihe, sieht viel von der Stadt und kann ein bisschen mit den Gästen flirten." 32 Jahre Berufserfahrung hat sie, ihr Kollege Torsten Franz ist seit 31 Jahren im Unternehmen. Am meisten Respekt hat sie vor der Konkurrenz aus Rotterdam, sagt Franka Sonntag, "die haben letztes Jahr gewonnen."

Was muss ein Straßenbahner mitbringen für den Sieg? "Gelassenheit, Augenmerk und Gefühl", sagt Franka Sonntag. "Und, wie im richtigen Leben auch: Zu wissen, wann man bremsen muss."

Jana Luck

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