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Berlin: Die Bühne ist das wahre Leben

Seit drei Tagen ist Robbie Williams in Berlin. Heute singt er endlich. Die Show im Olympiastadion dauert zwei Stunden – Karten gibt es noch

Ein Phantom geht um in Berlin: Mal steht es auf dem Fußballplatz, mal taucht es in Unterhosen auf, mal spät abends im Jogginganzug. Immer nur ganz kurz, und im nächsten Moment braust es schon wieder im silberfarbenen Van davon.

Heute kann das Phantom nicht mehr flüchten. Heute steht es vor 70 000 Fans auf der Bühne, knappe zwei Stunden lang. Nach dreieinhalb Tagen Versteckspiel in Berlin gibt Robbie Williams heute Abend sein erstes von zwei Konzerten im Olympiastadion. Los geht es erst um 18 Uhr, aber die Verehrer sind schon früher da. Zum Beispiel die Berlinerin Patricia Thom. Die hat Robbie bereits am Sonntag gesehen. „Ich stand vorm Ritz und er kam mir entgegen. Seitdem gehe ich jeden Tag da hin, mal ins Restaurant, mal in die Lobby.“ Die Mühe hat sich gelohnt: Zweimal kam Robbie vorbei, dick vermummt, im Jogginganzug und mit schwarzem Käppi. „Ich bin nicht der hysterische, kreischende Fan. Aber es ist ein gutes Gefühl, ihm mal so nah zu sein.“ Für ihren Liebling hat sich die 40-Jährige die ganze Woche freigenommen. Karten hat sie natürlich für beide Konzerte. „Das sind super Sitzplätze, ganz nah an der Bühne.“ Letztes Jahr, beim Konzert im Velodrom, hatte sie eine Gänsehaut, als er auf die Bühne kam. Und ein Tränchen im Auge.

Derartige Rührung wird Peter von Löbbecke heute Abend kaum verspüren. Dafür wird der Geschäftsführer des Olympiastadions zu beschäftigt sein: „Ich bin dann hinter der Bühne und knüpfe Kontakte für die nächsten Konzerte. Das ist sehr wichtig.“ Ob 70 000 beim U2-Konzert oder 50 000 bei den Rolling Stones – an die Fan-Massen hat er sich gewöhnt. Auch die Robbie-Hysterie der überwiegend weiblichen Anhänger sieht er gelassen: „Die kommen am Abend vor dem Konzert-Tag und übernachten vor dem Eingang. Das ist kein Problem, denn unser Wachdienst ist ja 24 Stunden hier.“ Während die Teenies die laue Sommernacht zum Tag machen, wird im Stadion selbst ein logistisches Mammutprojekt vollendet. 200 Personen kümmern sich um komplizierte Technik und klobige Bühnenteile. Sechs Generatoren sorgen für Strom. Zwei Kilometer Kabel müssen verlegt werden. Zehn Busse, 61 Lkw, drei Kräne und ein Flugzeug transportieren Bauteile und Personen.

Bis zum Soundcheck hat Robbie Williams mit der Technik nur wenig zu tun. Genug Zeit, um weiter Versteck zu spielen. Ein geplantes Fußball-Rückspiel gegen eine Berliner Amateur -Mannschaft wurde jedenfalls kurzfristig per SMS abgesagt. Auch bei der Williams-Fotoausstellung gestern Abend ließ sich der Superstar nicht blicken. „Es war mir eigentlich klar, dass er nicht kommen würde, aber ein bisschen gehofft habe ich schon“, sagte die 18-jährige Sabrina Sylvester, die extra aus Augsburg zum heutigen Robbie-Konzert anreiste. Verleger Oliver Schwarzkopf, der die Ausstellung in der Kastanienallee eröffnete, war die Präsenz des Stars nicht so wichtig: „Die Fotos zeigen, dass Robbie früher mehr Nähe zum Publikum hatte.“ Schwarzkopf vermisste vielmehr den Fotografen Fryderyk Gabowicz, der wegen eines Schlaganfalles nicht zur Ausstellungseröffnung kommen konnte.

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Hans Strömsdörfer

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