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Berlin: Die Chefsache

In der Berliner CDU werden neue Bündnisse für die Wahl des Landesvorsitzenden geschlossen

Doch, Joachim Zeller soll wieder CDU-Landesvorsitzender werden. Aber nicht, weil sie in der Berliner CDU so zufrieden mit ihm sind. Und schon gar nicht, weil sie wollen, dass sich der Bürgermeister von Mitte Hoffnung auf die Spitzenkandidatur 2006 macht. Nein, Joachim Zeller soll wieder Landesvorsitzender werden, weil es keinen anderen gibt – jedenfalls keinen, der den Job gern machen möchte. Und weil Zeller ein kluger Landesvorsitzender ist: Klug genug, um einen freundlichen, aber nicht stürmischen Beifall und ein gutes, aber nicht hinreißendes Wahlergebnis beim Landesparteitag Ende Mai richtig zu verstehen. Als Auftrag zum Weitermachen. Und als Aufforderung, bei der Suche nach einem Spitzenkandidaten konstruktiv mitzumachen.

So reden zurzeit die neuen und alten Granden der Berliner CDU über ihren Chef. Die Partei hat sich nach einer Reihe von Kreisparteitagen teilweise neu sortiert. Die mittlere Führungsebene ist jünger geworden ist. Außerdem sind einige Mitglieder des Abgeordnetenhauses nun auch Kreisvorsitzende. Das verringert den Abstand zwischen Partei und Fraktion. Fraktionschef Nicolas Zimmer ist nun auch Kreischef in Tempelhof-Schöneberg. Sein Vize Michael Braun führt die Steglitz-Zehlendorfer CDU. Kai Wegner ist Abgeordneter und nun auch Spandauer Kreis- chef. Nur der Pankower Vorstand muss noch gewählt werden. Am heutigen Sonnabend tritt der Bundestagsabgeordnete Günter Nooke gegen den Pankower Mittelstandspolitiker Dirk Stettner an. Bei alldem geht es nicht bloß um Posten und Ämter. In der kommenden Woche beginnen die Kreischefs mit der Vorbereitung des Landesparteitags. Der wählt Ende Mai die Führung, die den Wahlkampf 2006 organisieren muss.

Immerhin sind sich die Kreischefs einig in der Bedeutung, die sie dem Landesparteitag zumessen. Weniger einig sind sie sich in dem Ergebnis, das sie erwarten. Die Lage ist unübersichtlich. Gerade die neuen Vormänner können und wollen nicht garantieren, dass ihre Leute auf dem Landesparteitag so abstimmen, wie die Chefs es empfehlen. Anders gesagt: Selbst wenn von Zimmer bis Braun und von Stephan Tromp in Mitte bis zu Oliver Scholz in Treptow-Köpenick alle sagen, sie wollten Zeller bestätigen, wäre er noch lange nicht gewählt. Ein Kreischef sagt, Gespräche über Zeller liefen stets nach demselben Muster ab: Er sei „nett – aber“. Dann folge kräftige Kritik: Zeller sei keine Integrationsfigur. Er habe in der 8.-Mai-Krise in Steglitz-Zehlendorf vorschnell gedroht, dann aber kein Rückgrat gezeigt. Er bringe den Landesverband nicht weiter. Beispiel Werteunterricht. Im Streit mit der rot-roten Koalition machen die Fraktion und einige Kreisverbände die ganze Arbeit.

Noch finsterer redet ausgerechnet ein Kreischef aus dem Osten über Zeller. Der Landesvorsitzende sei „das größte Sicherheitsrisiko der Berliner CDU für 2006“. Das bezieht sich auf Zellers Satz, er traue sich die Spitzenkandidatur zu. Kaum jemand will Zeller zu weiteren Gedankengängen dieser Art ermutigen. Wenn er ein gutes Ergebnis wolle, müsse er deutlich sagen, dass er nicht gegen Klaus Wowereit antrete, sagt ein Kreischef aus dem Westen. Ein anderer hält dagegen, niemand könne einen schwächelnden Vorsitzenden wollen, der mit nur 60 Prozent gewählt worden sei. Ein dritter hält Zeller für „charakterstark“ genug, um zu erkennen, dass er der CDU am besten hilft, wenn er gar nicht erst auf die Spitzenkandidatur hinarbeitet.

Und wenn ihn das alles nur noch nervt? Auch für den Fall führen die Kreischefs Gespräche. Diesmal würde der Retter der Partei, der Mann für den Notfall wohl wieder aus dem Berliner Westen kommen.

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