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Berlin: Die Entscheidung über die Koalition soll in einer Woche fallen - Standpunkte der Parteien

Die SPD will bis Mitte Oktober eine Koalitionsregierung gebildet haben. Ministerpräsident Stolpe sagte, er wolle an diesem Mittwoch CDU und PDS Sondierungsgespräche anbieten.

Die SPD will bis Mitte Oktober eine Koalitionsregierung gebildet haben. Ministerpräsident Stolpe sagte, er wolle an diesem Mittwoch CDU und PDS Sondierungsgespräche anbieten. Dabei seien Fragen der sozialen Gerechtigkeit von herausragender Bedeutung. Über die Zusammensetzung des Kabinetts werde erst nach Klärung von Inhalt und Struktur der neuen Regierung entschieden.

Der CDU-Spitzenkandidat Jörg Schönbohm sagte, die Sozialdemokraten müssten den ersten Schritt machen. "Wir sind bereit, aber nicht um jeden Preis." Die SPD habe einen Schock und brauche Zeit zum Überlegen. Nach "der Phase der Emotionalität" komme hoffentlich "die Phase der Rationalität". Im Falle einer Großen Koalition werde es über den Bundesrat wohl keine Diskussionen geben. "Wir wollen wie Stolpe die Interessen der Brandenburger vertreten."

PDS will Flughafen akzeptieren

Die PDS will in Brandenburg nur dann mit den Sozialdemokraten zusammen arbeiten, wenn ihr Einfluss auf den Bundesrat garantiert wird. Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky schlug einen dritten Weg für eine Zusammenarbeit vor. Möglich sei die Tolerierung einer SPD-Minderheitsregierung mit vertraglich verankerten Regeln. Im Gegensatz zum PDS-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gregor Gysi, ist Bisky sowohl zu einer Koalition mit der SPD als auch für ein Tolerierungsmodell offen. Bedingung sei in jedem Fall eine Politik für mehr soziale Gerechtigkeit, sagte Bisky. Er verwies darauf, dass Ministerpräsident Manfred Stolpe im Wahlkampf angekündigt hatte, das Sparpaket der Bundesregierung in seiner jetzigen Form im Bundesrat abzulehnen. Sollte Stolpe doch zustimmen wollen, werde es schwer, ein rot-rotes Bündnis in Potsdam zu schmieden. Bisky sagte, die PDS sei bereit, in Koalitionsverhandlungen Großprojekte wie den Transrapid oder den Flughafen zu akzeptieren. Diese Themen seien "nicht die Nagelprobe".

Stolpe: Notfalls gegen die Regierung

Der SPD-Landesvorsitzende Steffen Reiche kündigte für den 4. Oktober einen Landesparteitag an, auf dem eventuell schon über den Koalitionsvertrag abgestimmt werden könnte. Noch am Montag wollten die Vorstände von Partei und Fraktion den Ausgang der Wahl beraten. In dieser Woche werden auch die Fraktionsvorsitzenden der drei bisher im Landtag vertretenen Parteien SPD, CDU und PDS zusammenkommen, um über den künftigen Umgang mit der rechtsextremen DVU im Parlament zu reden. Die fünf DVU-Abgeordneten sollten nicht gezielt benachteiligt werden, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler. Jegliche Zusammenarbeit mit ihnen schloss er aber aus.

Stolpe sagte auf die Frage nach den entscheidenden Regierungsressorts für die SPD: Arbeit und Soziales sowie "alles, was mit der Gestaltung des Landes" zusammenhänge. Auch das Sparpaket der Bundesregierung werde bei den Koalitionsverhandlungen eine wichtige Rolle spielen. Stolpe schloss eine "Bremer Formel" im Koalitionsvertrag nicht aus. Das dortige SPD/CDU-Bündnis hat sich darauf verständigt hat, im Bundesrat "zum Wohle des Landes" zu votieren und sich notfalls gegen die Bundesregierung beziehungsweise eigene Partei zu stellen. Stolpe hatte das Sparpaket in der Vergangenheit mehrfach kritisiert und Änderungen verlangt.

FDP-Chef Enderlein tritt zurück

Sowohl Stolpe als auch Parteichef Steffen Reiche ließen offen, ob es auch zu einer rot-roten Koalition mit der PDS kommen könnte. Reiche betonte, er halte die PDS nur auf Bundesebene nicht für koalitionsfähig. PDS wie CDU haben sich bereit erklärt, mit der SPD zusammenzuarbeiten. Eine Tolerierung oder Duldung durch eine der beiden Parteien schlossen Stolpe wie Reiche kategorisch aus. Stolpe sagte, der Einzug der DVU in den Landtag sei ein "besonders trauriges Ergebnis". Mit dem DVU-Erfolg habe Brandenburg Stolpe einen Imageschaden erlitten.

Nach ihrer Wahlniederlage vom Sonntag streben Brandenburgs Bündnis 90/Die Grünen eine starke außerparlamentarische Opposition vor allem gegen die DVU an.

Brandenburgs FDP-Landeschef Hinrich Enderlein hat das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl als "verheerend und enttäuschend" bezeichnet. Der Grund dafür sei sicher auch in der Arbeit der vergangenen fünf Jahre zu suchen, sagte Enderlein. Daher ziehe er die Konsequenzen und trete als Parteichef zurück. Auch der Landesvorstand werde geschlossen zurücktreten. Er glaube zwar, dass die FDP "die richtigen Themen" im Wahlkampf hatte, vielleicht seien aber die Köpfe der Partei "nicht kreativ genug gewesen".

DVU mit Deutschland-Parolen

Die DVU hat zwei ihrer fünf künftigen Abgeordneten im Brandenburger Landtag mit fremdenfeindlichen Parolen vorgestellt. "So wie eine türkische Zeitung täglich in ihrem Kopf "Die Türkei den Türken" fordert, fordern wir "Deutschland den Deutschen", sagte DVU-Pressesprecher Bernd Dröse. Die Spitzenkandidaten Liane Hesselbarth und Sigmar-Peter Schuldt kündigten an, ihre Partei wolle dafür sorgen, dass "es endlich wieder Arbeit für Deutsche gibt". "Kriminelle Ausländer und Schwarzarbeiter" sollten verschwinden. Wie sie die Probleme Brandenburgs bewältigen wollten, ließen die künftigen Abgeordneten unbeantwortet. Der DVU war am Sonntag mit einem Stimmenanteil von 5,2 Prozent der Einzug in den Landtag gelungen.

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