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Die Wahlbeteiligung in Berlin lag bei 72,4 Prozent. Damit war sie deutlich höher als bei der vergangenen Bundestagswahl in 2009.

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Die Ergebnisse aus Berlin: 72,4 Prozent der Wahlberechtigten stimmten ab

Die in Berlin schon gemeinsam regierende Koalition aus CDU und SPD kann in der Hauptstadt zulegen. Die oppositionellen Grünen und Linken verlieren Stimmen. Und die FDP schrumpft dramatisch.

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Auf die komplette Auszählung von drei Wahlkreisen wartete Deutschland nachts - zwei davon lagen in Berlin. Um 1.38 Uhr stand es dann aber endgültig fest. Die CDU ist der große, die SPD der kleine Wahlgewinner in der Hauptstadt. Grüne und FDP büßten dagegen ein, die Linke verzeichnete nach Angaben der Landeswahlleiterin leichte Verluste, während die europakritische AfD wie im Bund fast fünf Prozent erreichte. Am Ende machten 72,4 Prozent der Berliner von ihrem Stimmrecht Gebrauch - und damit deutlich mehr als bei der letzten Bundestagswahl 2009 (70,9).

Die Christdemokraten profitierten in der Hauptstadt eindeutig vom „Merkel-Effekt“ und kamen auf 28,4 Prozent der Stimmen. Das sind 5,9 Prozent mehr als bei der Bundestagswahl 2009. „Ich habe als Ziel vorgegeben, dass wir wieder stärkste politische Kraft werden wollten wie vor vier Jahren. Dieses Ziel haben wir erreicht. Und die Berliner Union hat auch ihren Anteil daran, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt“, sagte CDU-Parteichef Frank Henkel dem Tagesspiegel.

Der Koalitionspartner SPD muss sich erneut mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Aber die Genossen legten mit 24,6 Prozent immerhin 4,3 Prozent zu, im Vergleich zur Wahl 2009, die für die Berliner Sozialdemokraten desaströs ausfiel. Der Regierende Bürgermeister und Vize-SPD-Chef Klaus Wowereit räumte ein, dass seine Partei im Bund nicht so viel hinzugewonnen habe wie erhofft. „Wir wollten den Regierungswechsel zu Rot-Grün und haben das Ziel verfehlt.“

Favoritensiege in den Wahlkreisen

Der SPD-Landeschef Jan Stöß sprach aber von einem „Achtungserfolg“ der Berliner SPD, die deutlich über dem Bundesdurchschnitt liege. Alle Ergebnisse aus dem Bund sehen Sie in unserem Blog. Auf die CDU/SPD-Koalition in Berlin sieht Wowereit nach der Wahl keine Probleme. „Wir arbeiten weiterhin gut zusammen.“

In den Berliner Wahlkreisen setzten sich mehrheitlich die Favoriten durch. In Friedrichshain-Kreuzberg gewann wieder einmal Hans-Christian Ströbele - zum vierten Mal in Folget. Der 74-Jährige büßte nach den Zahlen der Landeswahlleiterin am Sonntag aber Stimmen ein. Er erhielt 39,9 Prozent der Erststimmen - weniger als vor vier Jahren. In Mitte setzte sich Eva Högl von der SPD durch. Auch in Neukölln siegte der Kandidat der Sozialdemokraten: Fritz Felgentreu. In Charlottenburg-Wilmersdorf verlor die SPD hingegen den Wahlkreis an die CDU. Dort siegte Klaus-Dieter Gröhler.

Enttäuschung bei FDP und Grünen

Auch in Reinickendorf (Frank Steffel), Spandau (Kai Wegner), Steglitz-Zehlendorf (Karl-Georg Wellmann) und Tempelhof-Schöneberg (Jan-Marco Luczak) war die Union erfolgreich. Die Linke gewann wie erwartet im Ostteil der Stadt. In Lichtenberg setzte sich Gesine Lötzsch durch, in Marzahn-Hellersdorf Petra Pau und in Treptow-Köpenick Gregor Gysi. Im umkämpften Pankow gewann Stefan Liebich für die Linke, zweitstärkste Partei - noch vor der SPD - wurde die CDU. Eine Übersicht über alle Berliner Wahlkreise finden Sie hier.

Grüne und FDP stürzten dagegen ab. Die FDP kommt auf 3,5 Prozent. Die Grünen erreichen 12,3 Prozent. Dementsprechend fielen die Reaktionen aus. Mit versteinerten Mienen verfolgten sie bei der zentralen Wahlparty in der C-Halle am Columbiadamm die Hochrechnungen und das Abrutschen der eigenen Partei. "Es gibt nichts mehr schönzureden", sagt Ramona Pop, Vorsitzende der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus. "Das ist eine sehr deutliche Ansage von den Wählern und eine echte Niederlage." Es müsse jetzt auf jeden Fall Konsequenzen haben, dass soviel Unterstützung verspielt worden ist. Die Vorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, spricht von einem "herben Rückschlag". Ihre Partei hätte es nicht geschafft, "den Gegenwind zu drehen".

Die Linke liegt bei 18,5 Prozent. In Ost-Berlin wählten dabei mit 30,2 Prozent fast dreimal so viele Bürger die Linke wie im Westen (11,2 Prozent). Auf der Wahlparty der Linken in der Kulturbrauerei war die Stimmung recht as dürfte aber nur teilweise aus den eigenen Prozenten resultieren - deutlich mehr Applaus als bei den Zahlen zum eigenen Ergebnis brandete nämlich auf, als die Linken im Saal des Kesselhauses erstmals hörten, dass die FDP aus dem Bundestag geflogen ist.

Neben den Parteigrößen um Spitzenkandidat Gregor Gysi ist am Sonntagabend auch Beate Klarsfeld auf die Bühne gekommen. Sie sei eigens aus Paris nach Berlin geflogen, sagte die bekannte Publizisten und frühere Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten. Per Briefwahl habe sie - "mit beiden Stimmen!" - die Linke gewählt.

Anders als in anderen Bezirken konnte die NPD offenbar von ihrer Hetzkampagne gegen das Hellersdorfer Asylbewerberheim profitieren. Sie kam dort im Wahllokal 601 in der Maxi-Wander-Straße auf 10,2 Prozent.

Hohe Wahlbeteiligung

Viele Briefwähler beschäftigten die freiwilligen Helfer in den Wahllokalen.
Viele Briefwähler beschäftigten die freiwilligen Helfer in den Wahllokalen.

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Für die rot-schwarze Koalition, die seit 2011 die Landesregierung stellt, ist das Ergebnis vorerst stabilisierend. Erstens erhalten CDU und SPD Rückendeckung von den Wählern. Zweitens schließt das deutschlandweite Wahlergebnis nicht aus, dass auch im Bund bald eine große Koalition regiert. Das könnte die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und seiner Hauptstadt künftig erleichtern. Auch wenn es dafür keine Garantien gibt.

Parteifreundschaften spielen zwischen Bund und Ländern nicht immer eine hilfreiche Rolle. Ob der Erfolg der Berliner CDU bei dieser Bundestagswahl die Union ermuntert, künftig in der Koalition mit der SPD selbstbewusster und streitlustiger aufzutreten, wird sich zeigen.

Wie in Gesamtdeutschland war auch in Berlin die Wahlbeteiligung höher als 2009. Bis 16 Uhr lag diese schon bei 58,4 Prozent und damit höher als 2009. Die höchste Wahlbeteiligung wurde zu dieser Zeit aus dem Wahlkreis 79 Steglitz-Zehlendorf gemeldet (64,0 Prozent), die niedrigste aus dem Wahlkreis 85 Marzahn-Hellersdorf mit 54,1 Prozent. Eine überdurchschnittlich hohe Beteiligung gab es in den Ostbezirken Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die in diesen Wahlkreisen starke Linke ihre Anhänger gut mobilisieren konnte.

Die Piraten verlieren

Die europakritische Alternative für Deutschland (AfD) konnte 4,9 Prozent auf sich vereinen. Die Piraten, die nach ihrem sensationellen Wahlerfolg 2011 mit einer starken Fraktion im Abgeordnetenhaus vertreten sind, fielen zurück auf das sehr bescheidene Niveau der letzten Bundestagswahl. Sie landeten bei 3,6 Prozent.

In den 1709 Berliner Wahllokalen war vor allem schon am frühen Morgen einiges los. Mancher Wähler musste gar ein wenig warten, bis er seine Stimmen abgeben konnte - zu groß war der Andrang. Bei recht sonnigem Spätsommerwetter hatten bis zum Mittag dann 27,1 Prozent der Wahlberechtigten in Berlin ihre Stimme abgegeben, auch mehr als bei der letzten Bundestagswahl.

In Kreuzberg öffneten einige Wahllokale nicht pünktlich um 8 Uhr

Dabei hatte es in Berlin nicht überall problemlos angefangen. Die Landeswahlleiterin gab zwar bekannt, dass es keine besonderen Vorkommnisse gegeben habe, dennoch öffneten zum Beispiel Wahllokale in Kreuzberg, wo der Grüne Hans-Christian Ströbele wieder als Favorit antrat, nicht pünktlich um 8 Uhr. Die Wahl-Teams hatten heute mit den üblichen Problemen zu tun, sagte der stellvertretende Kreiswahlleiter Jan Ebert. Einzelne Wahlhelfer sind nicht oder zu spät aufgetaucht. Für solche Fälle gibt es Ersatzhelfer.

In Neukölln gab es einen ganz anderen Vorfall. In der Carl-Legien-Schule, Leinestraße, sind zwei Dutzend Propaganda-Flugblätter beschlagnahmt worden. Die schlecht kopierten Zettel rufen zum Nichtwählen auf: "Wahlspektakel sabotieren". "Die lagen auf den Heizungen herum", sagt die Wahlvorsteherin. Das Büro des Landeswahlleiters konnte auf Nachfrage noch nichts zur Beschlagnahmung sagen.

Mag die Wahlbeteiligung in Berlin ähnlich hoch sein wie im Bund, die Ergebnisse sind es meistens nicht. Bei vergangenen Wahlen zeigten sich doch größere Unterschiede: Zur Orientierung hier die Ergebnisse der Bundestagswahl 2009: CDU 22,8 Prozent, SPD 20,2 Prozent, , Linke 20,2, Grüne 17,4 Prozent, FDP 11,5 Prozent und Piraten 3,4 Prozent.

541 848 Berliner beantragten Briefwahl

Einen neuen Rekord gibt es bei der Briefwahl. Bis zum Freitag beantragten 541.848 Berliner die amtlichen Unterlagen für eine Wahl per Post. Das waren 21,6 Prozent der Wahlberechtigten beziehungsweise etwa 30 Prozent der Wähler. Wahlkreise, in denen traditionell besonders häufig per Brief gewählt wird, sind Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg. Die rote Laterne haben Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick. Im Osten der Stadt wollen offenbar besonders viele Berliner Wert das schöne Ritual der geheimen Urnenwahl genießen.

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