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WM-Quartier im Schlosshotel Berlin-Grunewald: Die Fußballstars von nebenan

Die Nationalmannschaft hat ihr WM-Quartier im Schlosshotel Grunewald bezogen – und wurde von hunderten Fans begrüßt

Michael Ballack und Oliver Kahn kamen spät, aber sie waren pünktlich. Kurz vor 15 Uhr wurden sie in silbernen Vans am Foyer des „Schlosshotel Grunewald“ vorgefahren, sie trugen dunkle Jacketts und hatten Koffer dabei. Kurz winkte Ballack den vielen hundert Fans zu, die vor dem edlen Hotel warteten, dann verschwand auch er in seinem neuen Zuhause in Grunewald – dem Mannschaftsquartier während der Fußball-WM 2006.

Für die nächsten Wochen wohnen die besten Fußballer des Landes in Berlin, genauer: in der Brahmsstraße 10. In dieser schmalen Seitenstraße wollen sich die Stars in Ruhe auf die Spiele vorbereiten. Deshalb hat die Hotelleitung extra einen Sichtschutz aus Bambusstöcken am Zaun befestigt; 30 Ordner bewachen das WM-Quartier. Hinein kommt nur, wer einen speziellen Pass vorzeigen kann.

Draußen lehnt Sebastian an seiner Gartenpforte, während im Laufe des Vormittags die Vans mit den getönten Scheiben an ihm vorbeifahren. Der blonde Junge im Nike-Pullover vertraut seinen Privilegien als Nachbar der deutschen Nationalmannschaft. Er macht nur vage Andeutungen, was Oliver Bierhoff ihnen versprochen hat, vor ein paar Monaten, beim Goodwill-Barbecue mit den Anliegern des Schlosshotels Grunewald. Ein kleiner exklusiver Kick mit Mertesacker, Schweinsteiger und Neuville? „Mal sehen.“ Auf die Anwohner kommt in den nächsten Wochen einiges zu: Halteverbotsschilder stehen überall, Polizisten passen auf, Fans und Kamerateams stehen an jeder Ecke.

Die anderen Jungs, die meisten um die 12, 13 Jahre alt, erwarten die Fußballer im dichten Fanpulk ganz vorne an den Gitterstäben des Hauptportals, mit ihren Fotohandys. Die professionellen Fotografen haben sich auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig postiert. Jedes Mal, wenn ein Van durchfährt, erlischt das Lachen und Partygeplauder. Dann stieren alle durch die dunklen Scheiben, bis einer den ersten Tipp wagt: „Das ist der Schneider.“ 20 Meter weiter hinten, am Hoteleingang, kommt es dann zur Auflösung. Ein Mann im dunklen Anzug steigt aus, die Kameraverschlüsse pladdern wie ein kurzer heftiger Platzregen. Dann die Enttäuschung. Nur der Mannschaftsarzt.

Das Schlosshotel in der Brahmsstraße hat schon viele Prominente gesehen. Hier steigen sie gerne ab, die Rock- und Politgrößen, weil es so schön ruhig und abgeschieden liegt. Neben dem Schlosshotel stehen Villen, die mindestens so gut gesichert sind wie das Hotel. Antike Statuen schmücken die Fassaden. An den Kingelknöpfen sind Finanzmakler und Rechtsanwälte zu erkennen. Manche bevorzugen Initialen statt Namen. Zwei ältere Herren aus der Nachbarschaft beobachten das Treiben als kleine satirische Abwechslung in ihrem Wilmersdorfer Alltag. Einige Nachbarn sprengen demonstrativ ihren Rasen, andere tragen den Müll raus, um mal einen unauffälligen Blick auf die neuen Nachbarn zu werfen.

Die Spieler hatten zwei Tage frei, deshalb sind sie individuell nach Berlin geflogen und wurden am Flughafen abgeholt. In den nächsten Wochen wird die Mannschaft mit einem knallroten Bus herumreisen, der natürlich verdunkelte Scheiben hat und gestern schon einmal in der Brahmsstraße parkte. Bundestrainer Jürgen Klinsmann nutzte den neuen, grünen Kiez übrigens schon am Morgen: Er ging erst einmal in Grunewald joggen.

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