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Berlin: Die Geld-Else

Siegessäule soll mit Werbefläche verkleidet werden Bezirk sucht noch nach interessierten Firmen

Im Volksmund heißt sie Gold-Else, nun will Baustadtrat Dirk Lamprecht die Siegessäule zum Gold-Esel umfunktionieren: Im März lässt das Bezirksamt Mitte Bauschäden am Denkmal untersuchen, dann soll der Schaft der Siegessäule für vier bis sechs Wochen hinter einem Gerüst verschwinden. Für die so entstehenden Werbeflächen sucht das Bezirksamt Mitte nun nach interessierten Firmen: Zu vergeben sind vier Flächen mit je neun Meter Breite und 36 Meter Höhe. Der Erlös soll die Bauuntersuchung finanzieren, konkrete Zahlen will Lamprecht aber noch nicht nennen: „Das würde uns die Ausschreibung vermiesen.“

Was hat sie im Laufe der Jahrhunderte nicht alles erdulden müssen, die Berliner Gold-Else. Erbauen ließ sie 1873 Kaiser Wilhelm, um den preußischen Siegen über Dänemark, Österreich und Frankreich ein Denkmal zu setzen. Der Architekt Friedrich Drake entwarf zur Krönung der Säule eine vergoldete Statue der Siegesgöttin Viktoria, die er nach dem Modell seiner Tochter Margarethe gestaltete – und neben diesen beiden Damen hatte er wohl auch noch Borussia im Sinn, die weibliche Personifizierung Preußens. Die Berliner allerdings entschieden sich für einen ganz anderen Namen: „Gold-Else“, nach der gleichnamigen Hauptfigur eines äußerst populären Fortsetzungsromans in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“. Damals stand die Statue auf ihrer knapp 51 Meter hohen Säule noch vor dem Reichstag – erst Albert Speer ließ sie 1938 auf den Großen Stern im Tiergarten versetzen und den Säulenschaft um 7,5 Meter aufstocken.

Den Krieg überstand die Siegessäule relativ unbeschadet, nach der Befreiung Deutschlands allerdings wäre sie fast von den Alliierten gesprengt worden – als kriegsverherrlichendes Denkmal der Deutschen. Besonders befürwortet wurde der Plan von den Franzosen, die sich an den frankreichfeindlichen Bronzetafeln im Sockel störten. Letztlich wurde ein Kompromiss gefunden: Die Tafeln wurden abmontiert, die Siegessäule blieb. Was die Alliierten dem Denkmal ersparten, schafften 1991 um ein Haar die „Revolutionären Zellen“: Die linksradikale Gruppierung sah in der Siegessäule ein „Symbol von Krieg und Männergewalt“ und verübte einen Sprengstoffanschlag, den das Denkmal nur deshalb überstand, weil nicht alle im Sockel deponierten Sprengsätze zündeten.

Wegen dieses Anschlags muss jedoch bis heute in regelmäßigen Abständen der bauliche Zustand des Denkmals überprüft werden – so auch im kommenden März, wenn der Schaft der Säule hinter einer Werbeplane verschwinden soll. Baustadtrat Lamprecht versichert, dass dabei unter allen Umständen „der Wiedererkennungswert des Denkmals gewahrt“ werden soll – sprich, die Werbeplane wird das verdeckte Segment der Säule abbilden. Und noch etwas verspricht Lamprecht: „Bis zur WM ist das Gerüst verschwunden.“

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