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Berlin: „Die gesamte Senatorenriege leuchtet nicht“

Opposition gibt Neuzugängen im Senat zwar gute Noten, kritisiert aber ein fehlendes Konzept für Berlin

Von Sabine Beikler

Selten hörte man die Opposition so voll des Lobes über einen Politiker aus den Regierungsreihen reden wie gestern: Der neue SPD-Supersenator für Bildung und Wissenschaft Jürgen Zöllner sei ein anerkannter Wissenschaftspolitiker, ein ausgewiesener Fachmann, dem man so schnell nichts vormachen könne, hieß es bei der CDU und den Grünen. Und selbst der nicht mit Kritik geizende FDP-Fraktionschef Martin Lindner bezeichnete Zöllner als einen „seriösen und kompetenten Senator“. Deutlicher ist aber sein Nachsatz über rot-rote Regierungsaussichten: Ein noch so guter Koch nütze freilich nichts, „wenn in der Küche mit Gammelfleisch gearbeitet wird“.

Mit Spannung wartet die Opposition auf eine Debatte über die mögliche Einführung des Studienkontenmodells in Berlin: Jürgen Zöllner gilt als Erfinder dieses Modells, das er als Wissenschafts- und Kulturminister in Rheinland-Pfalz eingeführt hatte. Die Berliner SPD hätte Studienkonten gern eingeführt, doch scheiterte das Modell vor zweieinhalb Jahren an einem entschiedenen Veto der PDS-Basis. Sowohl Lindner als auch Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig sind sich aber sicher, dass „das in Berlin wieder ein Thema sein wird“.

Auch wenn Zöllner in der Wissenschaftspolitik viele Vorschusslorbeeren erhält: Ob er sich in der Bildungspolitik profilieren wird, sehen Grüne, FDP und CDU-Bildungspolitiker Sascha Steuer sehr skeptisch. „Im Bildungsressort wurden bisher viele Experimente gemacht. Zöllner muss zeigen, ob er aus dem Chaos eine klare Struktur bilden kann. Das muss er erst einmal beweisen“, sagt Steuer. Immerhin rechnet die Opposition dem rheinland-pfälzischen Politprofi Zöllner gute Chancen aus, mit der als sehr eigenmächtig geltenden Schulverwaltung in Berlin fertig zu werden.

Auch Gisela von der Aue als künftige Berliner Justizsenatorin bekommt von CDU, Grünen und FDP zunächst gute Noten ausgestellt. Trotzdem zeigt für FDP-Fraktionschef Lindner die gesamte Regierungsmannschaft eine große Schwäche auf: „Das ist eine Ansammlung von Leuten, die keine Macht haben. Wowereit ist der Einzige, der künftig Macht ausüben kann“, sagt Lindner über die neue Richtlinienkompetenz des Regierenden Bürgermeisters.

„Die gesamte Senatorenriege leuchtet nicht“, sagt Grünen-Politikerin Eichstädt-Bohlig. Damit könne man nicht die für die Stadt notwendigen Potenziale aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Bildung herausziehen. Statt die beiden Senatorenposten neu zu besetzen, hätte sich CDU-Politiker Steuer von Rot-Rot auch mehr konzeptionelle Arbeit erwartet. Unterm Strich stünde lediglich ein „Weiter so“ in der Regierungspolitik.

Es gebe weder einen festgeschriebenen Konsolidierungskurs für die nächsten fünf Jahre, kritisiert er. Noch habe Rot-Rot einen Leitfaden, eine „Strategie für Berlin“, sagt Eichstädt-Bohlig. Die für die Kreativwirtschaft wie Mode-, Design- oder Medienunternehmen notwendigen wirtschaftlichen Anreize würden in Berlin bisher komplett fehlen.

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