zum Hauptinhalt
Die Bilder von Jürg Burth (links) wecken Erinnerungen an ungewöhnliche Shows in einem Haus von überregionaler Bedeutung.

© Maria-Mercedes hering

Ausstellung in Mitte: Die goldene Ära im Theater des Westens

Jürg Burth, der Lebensgefährte von Helmut Baumann, stellt Zeichnungen von Darstellern der altehrwürdigen Bühne aus. Sie lassen eine glamouröse Zeit aufleben.

Mitten im Raum steht Hildegard Knef, mit großer Brille und dunklen, traurigen Augen. Ein paar Meter weiter singt Angelika Milster mit aufgerissenem Mund. Und gleich vier Mal blickt Helmut Baumann vom Leben gezeichnet dem Besucher ins Gesicht. Die Zeichnungen auf Staffeleien gleichen einem Treffen internationaler Schauspielgrößen. Es sind Aufnahmen großer Karrieren, die Jürg Burth am Theater des Westens begleitet hat.

Gemeinsam mit seinem Lebensgefährten, dem Musicaldarsteller, künstlerischen Leiter und späteren Intendanten Helmut Baumann, hat der Regisseur und Choreograph von 1984 bis 1999 im Theater des Westens gewirkt. Ihre Begegnungen mit vielen deutschen und internationalen Theatergrößen hat Jürg Burth in seinen Zeichnungen verarbeitet. 60 Bilder sind jetzt unter dem Titel „Helmut Baumann, Jürg Burth und ihre Künstler. Theater des Westens 1984 - 1999“ im Gallissas Theaterverlag zu sehen.

Sie zeigen einen Rückblick auf eine glamouröse, verrückte Zeit mit großartigen Darstellern, ungewöhnlichen Shows und einem Theater des Westens, das weit über Berlin hinaus bekannt war. Jürg Burth ist gerade 75 geworden, Helmut Baumann 80, seit 50 Jahren sind sie zusammen.

Im Oktober hat sich Jürg Burth in die Arbeit gestürzt. Für seine Porträts hat er Fotos von Produktionen am Theater des Westens als Vorlage genutzt. Einige Bilder sind so detailliert und fein gezeichnet, dass sie fast wie Schwarzweißfotos wirken, andere wiederum abstrahiert, die Proportionen ein bisschen verschoben, von Emotionen verzerrt.

Hildegard Knef im Porträt, zu sehen in der Ausstellung.

© Zeichnung: Jürg Burth

„Ich wollte keine Bilder-Bilder malen“, sagt Jürg Burth zu seinen Porträts, die zwar die wesentlichen Züge ihrer Vorbilder zeigen, aber auch manches betonen oder auslassen. Die Figur solle zwar erkennbar sein, aber dennoch Raum für eigene Interpretationen lassen, so der Künstler über die verschiedenen Herangehensweisen. Bei Schauspielerin Elke Rieckhoff hat er zum Beispiel versucht, das Porträt mit nur einer einzigen Linie zu ziehen, dementsprechend dynamisch und abstrakt wirkt der Kopf mit einem wellenförmigen Hut. Nur bei Augen und Nasenlöchern hat er noch einmal neu angesetzt.

Dass Jürg Burth anders als in seinen früheren Werken auf Farben verzichtet hat, war von Anfang an Absicht. „Ich sagte zu mir: Burth, jetzt zeichnest du und das muss reichen.“ Die Zeichnungen haben mehr gemeinsam als nur den Verzicht auf Farbe, wie Burths Lebensgefährte Helmut Baumann erklärt. „Alle Bilder wirken lebendig, sie zeigen die Darsteller in ihren Rollen.“

„Alles, was das Theater ausmacht, ist nun auch in den Bildern zu sehen“

Auch der direkte Vergleich zwischen Original und Porträtzeichnung besticht. Während Helmut Baumann im Ausstellungsraum an einem abgedeckten Flügel lehnt und über die Zeit am Theater des Westens spricht, ist der Gesichtsausdruck derselbe wie auf den Porträts, die ihn zeigen. Seine Züge sind weicher geworden, doch die dunklen Augen blicken noch immer sanft, aber bestimmt durch das Zimmer. „Diese Zeit ist hier sehr präsent, das Zeichnen war für Jürg wie ein Abnabeln.“ Der Künstler stimmt zu. Nun, da die Ausstellung eröffnet sei, fühle er sich beinahe erlöst.

Gemalt und gezeichnet hat der heute 75-Jährige schon immer gern, aber erst nach seiner aktiven Zeit am Theater konnte er sich dieser Beschäftigung verstärkt widmen. Burths oft abstrakte, sehr farbenfrohe Bilder waren in den vergangenen Jahren bereits öfter in Berlin zu sehen. „Aber nun kommen zwei Dinge zusammen“, sagt Burth über seine neue Schau: „Alles, was das Theater ausmacht, ist nun auch in den Bildern zu sehen.“

Die Ausstellung „Helmut Baumann, Jürg Burth und ihre Künstler. Theater des Westens 1984 - 1999“ ist noch bis zum 28. April im Gallissas Theaterverlag, Potsdamer Straße 87, in der ersten Etage zu sehen. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr. Für das Gallery Weekend ist die Ausstellung außerdem am 27. April von 18 bis 21 Uhr sowie am 28. und 29. April von 11 bis 19 Uhr zu sehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false