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Berlin: Die Großstadt zwischen zwei Buchdeckeln

Vom Schloss Bellevue bis zur Managerschule: Vier Neuerscheinungen widmen sich Berlins Bauten

Der Bauboom hat sich deutlich verlangsamt, doch die Flut der Architektur- und Städtebaubücher zu Berlin will einfach nicht verebben. Umso mehr erstaunt es, dass wichtige Aspekte der Berliner Baugeschichte nicht oder nur unzureichend behandelt worden sind. Das galt bislang für das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR, das eine neue und, gemessen am Ursprungszweck des Gebäudes, unerwartete Bestimmung gefunden hat – als Sitz der European School of Management and Technology, einer Kaderschmiede des Kapitalismus. Symbolkräftiger lässt sich die „Wende“ – auch schon wieder ein verblasstes Wort – kaum bezeichnen. Philipp Meuser, der umtriebige Publizist zwischen Berlin und Mittelasien, hat dem in seiner denkmalpflegerischen Sorgfalt als beispielhaft geltenden Umbau das Buch „Schlossplatz Eins. European School of Management and Technology“ gewidmet, das weit über den eigentlichen Bau auf seine historisch so bedeutungsvolle Umgebung ausgreift (DOM publishers, Berlin, 160 Seiten, 38 Euro).

Für Bewahren und Beharren steht mittlerweile nicht mehr der Osten, sondern der Westen der Stadt. So hat das Provisorium des Berliner Amtssitzes des Bundespräsidenten, zu Teilungszeiten wegen des Vier-Mächte-Status der Stadt stets ein heikles Ding, längst seine Aufwertung zum unbestrittenen Amtssitz erfahren – und mittlerweile auch seine Aufwertung in gestalterischer Hinsicht. Die Hinzufügung des Präsidialamtes in einem ovalen Neubau war ein spektakulärer Akt, der dem Hauptstadtumzug vorgriff. Die Sanierung des Schlosses Bellevue verlief demgegenüber unspektakulär. Ernst A. Busche, einst Ausstellungssekretär der Akademie der Künste, zeichnet die Geschichte des Gebäudes unter dem Titel „Bellevue. Vom königlichen Lustschloss zum Amtssitz des Bundespräsidenten“ nach – am Ende ein bisschen arg Festschrift, samt offiziellem Bundespräsidentenfoto (Koehler und Amelang, Leipzig, 176 Seiten, 24,90 Euro).

Es ist mehr und mehr Reparatur, an einzelnen Bauten wie an Brachflächen des Stadtbildes, in denen sich das Baugeschehen vollziehen wird. Die Zeit der großen Würfe und kühnen Visionen ist vorüber. Mit dem „Planwerk Innenstadt“ hat der Senat bereits 1999 eine Leitlinie festgelegt, die auf Jahrzehnte hinaus Bestand haben soll. Vater des Planwerks ist Senatsbaudirektor Hans Stimmann, der in Kürze seinen 65. Geburtstag und sein 15-jähriges Dienstjubiläum feiern wird. Anlass genug, Bilanz zu ziehen; und wenn das Buch auch so nicht heißt, sondern ebenso schlicht wie herrisch „Die Architektur des neuen Berlin“, so markiert es doch den Schlussstrich unter Stimmanns Wirken. Imposant ist die Aufteilung auf zwölf Kapitel, die zwölf Wirkungsbereiche von der „europäischen Stadt“, einem Stimmann’schen Lieblingsbegriff, bis zu den profanen Ingenieurbauten der städtischen Infrastruktur umreißen. Kein Zweifel, dieses von Erik-Jan Ouwerkerk hervorragend durchfotografierte Buch wird als Bilanzwerk seinen Platz erobern (Nicolai Verlag, Berlin, 512 Seiten, 69,90 Euro).

In den 15 Jahren, die Stimmanns Wirken überspannt, hat sich die Einwohnerschaft Berlins zu einem guten Drittel ausgetauscht. Nachfrage nach Orientierung in der polyzentrischen, selbst für Einheimische nicht leicht zu überschauenden Stadt gibt es also immer wieder. So ist die Neuauflage des „Architekturführers“ von Rainer Haubrich, Hans Wolfgang Hoffmann und Philipp Meuser nach vier Jahren berechtigt (Verlagshaus Braun, Berlin, 371 Seiten, 19,90 Euro). Das Handbuch geht nicht topographisch, sondern chronologisch vor. Erstmals werden alle Gebäude in Farbe abgebildet. Zehn Routenvorschläge runden den Führer ab, wenngleich auf die – weit gefasste – Mitte der Stadt beschränkt. Aber da wollen Touristen und Neu-Berliner nun einmal hin.

— Philipp Meuser: Schlossplatz Eins. European School of Management and Technology. DOM publishers, Berlin, 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 38 Euro.

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