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Berlin: „Die haben ohne Pause geschlagen“

Afrikaner verprügelt – Prozess wegen Mordversuchs

Er wahrte lange die Fassung. Mamadou D. sprach vor Gericht über den Überfall, der sein Leben verändert hat. Von den Schlägen und Tritten, von der Todesangst, den Albträumen und Schmerzen beim Lachen, die als Folgen der brutalen Misshandlung im April geblieben sind. Dann kamen ihm doch die Tränen. „Die wollten mich umbringen“, hatte der Schwarzafrikaner zuvor erklärt. Die beiden Angeklagten, die er nur „Glatze“ und „Karohemd“ nannte, zeigten keine sichtbare Regung.

Von einem Mordversuch aus Ausländerfeindlichkeit geht die Anklage aus. Die beiden Bauhelfer Martin O. (22) und Heinrich P. (23) sollen den aus Guinea stammenden Mann wegen seiner Hautfarbe beschimpft, geschlagen und getreten haben. Am gestrigen ersten Prozesstag wollte sich zunächst nur O. äußern. Er sprach von einer Rangelei zwischen dem Afrikaner und seinem Kollegen. Er will sich eingemischt haben, um P. zu helfen. Er behauptete, dass er zunächst Schläge des Afrikaners abbekommen und dann zugetreten haben. Rassismus bestritt er vehement. „Ich würde nie einen Menschen wegen seiner Hautfarbe angreifen.“

Der 39-jährige D. ist ein schlanker Mann mit Brille. Er lebt seit den 80er Jahren in Deutschland, arbeitet als Altenpfleger. Er war am 22. April gegen zwei Uhr morgens auf dem Heimweg. Am S-Bahnhof Schönhauser Allee habe er Stimmen hinter sich gehört, sagte D. im Prozess. „Nigger raus, du hast hier nichts zu suchen“, sei gebrüllt worden. „Dann wurde ich sofort geschlagen.“ Heinrich P., damals fast kahl geschoren, ist für ihn „Glatze“. Von Martin O. hat er sich das Karohemd gemerkt. „Die haben ohne Pause geschlagen“, sagte er. „Ich hatte Todesangst.“ Er habe „Glatze“ gebissen, da brüllte „Karohemd“: „Schlag ihn tot.“

Erst durch das Eingreifen einer couragierten Frau wurden die beiden Männer gestoppt. „Aufhören!“, rief sie und holte Hilfe. Mamadou D. ist sich sicher, dass sie ihm das Leben gerettet hat. Mit gebrochener Nase, aufgeplatzter Lippe und voller Blutergüsse kam er ins Krankenhaus. „Ich habe noch immer Angst“, sagte er nun. Er leide unter Schlaflosigkeit und Albträumen, traue sich nachts nicht mehr allein auf die Straße.

Die beiden Bauhelfer trugen schwere Arbeitsschuhe mit Stahlkappen. „Ich habe nicht gezielt getreten“, behauptete O. Ob an jenem Tag alles in Ordnung gewesen sei in seinem Leben, fragte die Richterin. „Ja, wir hatten gute Laune, tranken viel Alkohol.“ Deshalb könne er sich an vieles nicht mehr erinnern. In früheren Aussagen hatte der schmächtige Mann noch zu Protokoll gegeben, dass P. als erster zugeschlagen habe. Nun meinte er: „Ich weiß nicht, wie es anfing.“ Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. K.G.

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