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Berlin: Die inoffizielle Werbeabteilung Berlins

Seit zehn Jahren dreht „X-Filme“ erfolgreiche Spielfilme an der Spree – die Stadt profitiert davon

Die meiste Zeit des Films sieht man die rothaarige junge Frau rennen. Touristen würden den Bus nehmen, um den weiten Weg von der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg zu einer Sparkasse irgendwo im Westen der Stadt zu kommen. Lola nicht. Sie muss in 20 Minuten 100000 Mark auftreiben. Und weil sie in Tom Tykwers Film „Lola rennt“ zu tun hat, was der Titel vorgibt, liegen Prenzlauer Berg und der Westen nahe beieinander.

Dem Film hat es nicht geschadet, dass der Regisseur den Stadtplan etwas gerafft hat. Er war ein Erfolg für die noch junge Produktionsfirma „X-Filme“ aus Berlin, nicht nur in Deutschland. Und der Stadt hat’s auch genutzt.

„Wenn Berlin als Kulisse in einem Film auftaucht, befördert das das Image der Stadt“, sagt Britta Grugull, die Sprecherin der Berlin Tourismus Marketing (BTM). Grundsätzlich sei das so.

Erfolgreiche Filme sind dann umso besser fürs Image. Womit wir wieder bei „X-Filme creative pool“ wären. Die Berliner Produktionsfirma feierte am Freitag mit einer großen Party im Wirtshaus Schildhorn ihren zehnten Geburtstag. Drei Autodidakten und ein fernseherfahrener Filmemacher gründeten sie im Juli 1994 – nach dem Vorbild der „United Artists“. 1919 hatten sich mit Charles Chaplin, Mary Pickford, Douglas Fairbanks und D.W. Griffth erstmals Produzenten und Regisseure zusammengetan.

Um eine junge Firma geht es also, mit insgesamt knapp 20 Filmen. Einige sehr erfolgreiche sind darunter. Dass „X-Filme“ zudem eine inoffizielle Stadtmarketing-Abteilung für Berlin werden könnte, hatte niemand im Sinn, als sich Stefan Arndt, Wolfgang Becker, Dani Levy und Tom Tykwer zusammentaten. Ist aber so, ein bisschen wenigstens.

„Das Leben ist eine Baustelle“ (1995) wurde in Berlin gedreht. Vor allem aber Filme wie Tykwers „Lola rennt“ (1997) und Beckers „Good bye, Lenin!“ (2001). Zwar lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, ob ein Tourist nur deshalb in die Stadt kommt, weil er kürzlich irgendwo „Lola rennt“ oder „Good bye, Lenin!“ gesehen hat. Solche Statistiken wären schwer zu erstellen. Laut BTM gibt es sie auch nicht. „Aber“, sagt Sprecherin Britta Grigull, „vieles spricht dafür, dass solche Filme Touristen anlocken.“

Immens viele Anfragen von ausländischen Journalisten seien bei der BTM eingegangen, die sich nach Originalschauplätzen erkundigt haben, an denen Wolfgang Becker Lenin drehte. „Es ist ein Kreislauf: Die Geschichten über die Drehorte werden gelesen. Und Berlin bekommt so wieder ein paar Besucher mehr.“ Nach „Good bye, Lenin!“ habe es in Berlin einen „Ostalgie-Tourismus“ gegeben. Die BTM selbst hat davon profitiert. Sie nahm kurzerhand eine Tour zu einigen Drehorten ins Programm.

Über Kinostreifen der Machart „Das Leben ist eine Baustelle“ und „Lola rennt“ schrieb das amerikanische Fachblatt „Variety“: „Smart movies people want to see.“ Die Preise und die Erfolge auch in den ausländischen Kinos belegen, dass das stimmt. Das ist schön für „X-Filme“ und gut für das Bild, das Nicht-Berliner von Berlin bekommen. Ist also gar nicht so wichtig, dass der gemeine Berliner eher selten von Prenzlauer Berg in den Westen rennt.

Marc Neller

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