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Berlin: DIE KÜNSTLERIN DIE KUNST

Wenn Kirsten Klöckner, 51, gefragt wird, welches Vorbild sie geprägt habe, so antwortet sie: „Bin ich eine Münze?“ Kein Wunder, dass Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste, sie „eine der humorvollsten“ Künstlerinnen nennt.

Wenn Kirsten Klöckner, 51, gefragt wird, welches Vorbild sie geprägt habe, so antwortet sie: „Bin ich eine Münze?“ Kein Wunder, dass Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste, sie „eine der humorvollsten“ Künstlerinnen nennt. Ihm ist sie bereits in den achtziger Jahren an der

Düsseldorfer Kunstakademie begegnet. Staeck war es auch, der sie für die Ausstellungsreihe „Auserwählt“ vorgeschlagen hat, die noch bis zum 3. November Arbeiten von ihr am Hanseatenweg 10 zeigt (Di bis So 11–19 Uhr). Schaut man sich das Werk der gebürtigen Braunschweigerin an, fällt auf, dass – neben ihrem Witz – auch Gegenstände eine große Rolle spielen.

Seit den neunziger Jahren produziert Kirsten Klöckner Multiples, kleine

Objekte in begrenzter Auflagenzahl. Da gibt es den Hammer als Glas,

der nicht zuschlagen kann, die siamesische Schere, die nicht zu schneiden vermag, und das angebissene Brot aus Zinn, das niemanden satt macht. Festgelegt auf Bildhauerei, die sie von 1983 bis 1986 in der Klasse von Reiner Ruthenbeck in Münster

studierte, ist Kirsten Klöckner trotzdem nicht. Das Multi-Talent malt auch in Aquarell auf Leinwand und ist Verlegerin einer Kunstbuch-Edition, für die sie unter anderem mit Sigmar Polke zusammengearbeitet hat. 2001 ist die Künstlerin von Düsseldorf nach Berlin gezogen, um sich besser auf ihre Kunst konzentrieren

zu können, wie sie erklärt. Hier arbeitet die Künstlerin in einem kleinen Ladenlokal nahe der S-Bahnstation Bellevue. „Das Atelier ist ein Schaffensort, aber auch ein Drecksort“, hat Kirsten Klöckner einmal gesagt. Zum Humor kommt auch eine Spur Unangepasstheit.

Dinge statt Nasen. Kirsten Klöckner hat sich in jüngster Zeit von Musen inspirieren lassen, von Menschen, die sie kennt und die sie mag. Gesichter sind auf den Bildern ihrer Serie „Beutekunst II“ jedoch nicht zu

sehen. Dafür Gegenstände, die mit der jeweiligen Person zu tun haben. Nicht immer ist der Zusammenhang so deutlich zu erkennen wie in jenem dreiteiligen Aquarell, das den Titel „Friedel“ trägt – benannt nach dem Gastwirt Friedel Drautzburg der Ständigen Vertretung. Reihen von Kölschgläsern hat Kirsten Klöckner

gemalt und darüber jene Striche gesetzt, wie sie Kneipenbesitzer auf Bierdeckel kritzeln. Das Bild ist 2012 zum 15. Geburtstag des Lokals am Schiffbauerdamm entstanden – auch weil Kirsten Klöckner immer

wieder selber gerne dort vorbeischaut. Neben Drautzburg hat Klöckner unter anderem auch die verstorbene Kioskbesitzerin aus der Nachbarschaft, den Kunstwissenschaftler Wolfgang Ullrich, die Schriftsteller Thilo Bock und Falko Henning, die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres und den Malerfürsten Markus Lüpertz verewigt. Manchmal schöpft sie aus Erinnerungen, manchmal aus konkreten Besuchen. Immer aber nagt an Kirsten Klöckner auch der Zweifel: Ob der Muse das Bild gerecht wird? Ob es ihr gefällt? Wie würde sich der Porträtierte gerne selber sehen? Die Gespräche zwischen der Malerin und ihrem jeweiligen Gegenüber sind in einem kleinen Buch zur Ausstellung in der Akademie der Künste dokumentiert. So macht Kirsten Klöckner für Neugierige nicht nur den Schaffensprozess transparent, sie stellt auch eine Urfrage der Kunstgeschichte: Was soll ein Porträt leisten? Ist es reales Abbild? Interpretation? Nase und Mund? Oder Biergläser? nap

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