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Berlin: Die Kunst des Klauens

Vor mehr als 30 Jahren wurde Preußlers „Der Räuber Hotzenplotz“ mit Gert Fröbe schon einmal verfilmt Jetzt stellt Armin Rohde seine neue Version des haarigen Großmutter-Schrecks vor

Seien wir ehrlich, dieser Waldschrat ist ein Depp. Ein Halunke, der Omas Kaffeemühle klaut, den zwei pfiffige Kerlchen wie der Kasperl und der Seppel schon verwirren, wenn sie nur ihre Mützen tauschen. Das Hirn seines Räubers Hotzenplotz? Armin Rohde zeigt es mit zwei Fingern: „Nur walnussgroß.“ Aber niemand sage, dass so einen zu spielen ein Leichtes sei – im Gegenteil. Böse muss der Räuber sein, aber nicht zu sehr, kein Kind soll sich fürchten. Klamaukig darf es auch nicht sein, sondern voller märchenhafter Naivität, die auch einen wie Hotzenplotz „in die Glaubwürdigkeit zurückbefördert“, so dass die Zuschauer ebenso naiv glauben können: Diesen Kerl da gibt es wirklich.

Wenige Wochen nach Berlinale-Schluss ist der Potsdamer Platz wieder Treffpunkt der Stars. Nebenan im Ritz-Carlton soll Jean Reno an diesem Donnerstag Interviews zu „Sakrileg“ geben, hier im Marriott empfängt die „Hotzenplotz“-Filmcrew, vorneweg Armin Rohde als Darsteller des Titelbösewichts. Er ist fast pünktlich gekommen, obwohl es Probleme mit dem Taxi gab, hat sich noch schnell ein paar Eier in die Pfanne hauen lassen, um gestärkt zu sein für den Tag. Kurze Begrüßung des ersten Interviewers, Suche nach dem Aschenbecher, artige Frage, ob das Rauchen störe, dann die erste Gitane.

Nicht die einzige Verfilmung der Geschichte von Otfried Preußler, der soeben in einem Brief dem Team um Regisseur Gernot Roll und Produzent Ulrich Limmer zu dem „wirklich gelungenen Hotzenplotz-Film“ gratuliert hat. 1974 hatte es schon eine gegeben, damals war Gert Fröbe der Räuber, für Rohde „ein grandioser Schauspieler, den ich hoch in Ehren halte“. Die Bücher kannte er nicht, vom dem früheren Film hatte er immerhin gehört, aber ihn sich vorher ansehen? Bloß nicht. Einen sehr guten Schauspieler in einer Rolle, die man bald selbst spielt, zu sehen, sei nicht ganz ungefährlich. „Ich klaue ja sowieso dauernd, gut geklaut ist halb erfunden. Wenn man gut Geklautes miteinander kombiniert in einer neuen Weise, erkennt das kein Mensch wieder – weil es durch einen anderen Filter gegangen ist.“ Diesmal aber war Rohde die Gefahr zu groß, „dass ich versuche, nur was abzugucken“. Fröbe muss also warten, selbst jetzt noch, lange nach Drehschluss des neuen „Hotzenplotz“ und kurz vor dem Kinostart am 23. März.

Für Rohde war es „meine bislang schwerste Filmrolle“, schon rein physisch. Zwei Monate täglich drei Stunden in der Maske, Augenbrauen und Nase mit Gummimilch abdecken und Räuberaugenbrauen und -nase montieren, drei Bartteile aufkleben – immerhin, der Schnurrbart war echt. Abends dauerte es noch mal eine knappe Stunde, bis aus Hotzenplotz wieder Rohde wurde.

Auch musste er ständig Sachen durch den Wald schleppen, eine Sandkiste beispielsweise, nicht ganz gefüllt, aber doch nicht ohne, zumal bei über 30 Grad im Schatten. Und dann die Stimme: „Wenn ich so geredet hätte wie immer, würde man eher das Gefühl haben, es mit Rasputin zu tun zu haben.“ Also musste die Stimme eine halbe Oktave runter, wurde noch angeraut, der Unterkiefer leicht vorgeschoben, was schauspielerisch gefährlich war. „Leicht klingt das Sächsisch, dann sind wir wieder bei Gert Fröbe.“

Aber einen vorgefertigten Plan hatte Rohde für die Rolle nicht, den hat er nie. Gewiss, der Schauspieler kennt das Drehbuch, weiß den nächsten Satz – anders als die Rolle, die Figur. Schauspielerei aber bedeutet für Rohde, das, was er weiß, zu vergessen, „sich in absoluter Bereitschaft der jeweiligen Situation zu stellen und zu versuchen, sie zu einem positiven Ergebnis zu bringen“. Rohde hat sich auch zum Clown ausbilden lassen. Dem sei der Schauspieler nahe. Der Clown, das ist für Rohde „die große Neugier, die Bereitschaft zum Risiko, zum Fiasko“. Auch in einer Situation, in der man überfordert ist, nicht zu verzagen oder aufzugeben, sondern einfach reinzugehen. Sie nicht als Gefahr zu begreifen, sondern als Chance.

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