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Schwierige Eingriffe. Rund 4500 Operationen führt das Berliner Herzzentrum in jedem Jahr durch. Foto: Tobias Kleinschmidt / dpa

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Berlin: Die Lebensretter von Wedding

Das Deutsche Herzzentrum gehört zu den wichtigsten kardiologischen Kliniken in der Bundesrepublik. Vor 25 Jahren wurde es offiziell eröffnet

Beim Stichwort „Weißer Saal“ denken kunsthistorisch bewanderte Berliner ans Schloss, und das wurde 1950 abgerissen. Es gibt aber immer noch einen Weißen Saal in der Stadt, nämlich im Deutschen Herzzentrum in Wedding, und der befindet sich in einem Gebäude, das ebenfalls etwas sehr Schlossähnliches hat: das 1906 von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann errichtete Rudolf-Virchow-Krankenhaus.

Am 29. April 1986 gab es in diesem Weißen Saal Grund zum Feiern: Mit dem Deutschen Herzzentrum (DHZ) bekam Berlin endlich eine Klinik, an der Herzerkrankungen zentral und spezialisiert behandelt werden konnten. Genau 25 Jahre ist das jetzt her, und in diesem Vierteljahrhundert hat sich das DHZ – neben dem Herzzentrum in München – zu einer der wichtigsten Herzkliniken Deutschlands entwickelt.

Man fackelte damals nicht lange: Betriebsbeginn war am 1. Januar 1986, die erste Operation, ein Aortaklappenersatz, folgte am 26. März, die erste Transplantation am 20. April – alles, bevor überhaupt die offizielle Eröffnung stattgefunden hatte. Bis Ende des Jahres waren schon 800 Operationen durchgeführt worden. Vor dem Fall der Mauer kamen viele Patienten aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo es lange Wartelisten für Herzoperationen gab. Anfang 1990 schossen dann die Patientenzahlen aus der DDR in die Höhe, denn dort hatten fünf herzchirurgische Kliniken annähernd so viele Operationen vorgenommen wie das Herzzentrum alleine. Heute kommen zunehmend Patienten aus Russland, Südosteuropa, dem Vorderen Orient und Nordafrika.

Aber auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft: der Geburtsabteilung des Virchow-Klinikums. Eine der Abteilungen des DHZ ist nämlich auf angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie spezialisiert. Frühgeborene, die einen Herzfehler haben, werden direkt ins Herzzentrum überführt, auch ältere Kinder mit angeborenem Herzfehler kommen hierher zur Behandlung. Der weitaus größte Teil der Patienten ist allerdings wesentlich älter: zwischen 50 und 70 Jahre, die meisten davon Männer.

Seit dem ersten Tag leitet Roland Hetzer als Ärztlicher Direktor das DHZ. Er hatte zuvor als Oberarzt in Hannover die erste Transplantation in Niedersachsen und die dritte in Deutschland überhaupt durchgeführt. Hetzer ist auch Chef der größten der vier Abteilungen des Hauses: der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie. Hier finden rund 4500 Eingriffe im Jahr statt, am offenen Herzen und an den Gefäßen. „Zwei Schwerpunkte prägen heute unser Profil“, erklärt Hetzer. „Das weltweit größte Programm zur Implantation von Kunstherzen und die Transplantation von Spenderherzen und -nieren.“

Doch gerade dies ist ein eher trauriges Kapitel. Denn während immer mehr Kunstherzen eingepflanzt werden, geht die Zahl der Transplantationen seit Jahren zurück – es gibt zu wenig Spender. 1991, auf dem Höhepunkt, wurden am DHZ 118 Transplantationen durchgeführt, 2010 waren es nur noch 43. Hetzer kennt die prekäre Lage auf dem Spendermarkt, deshalb befürwortet er auch die Errichtung einer Skulptur im Innenhof des Virchow-Krankenhauses, mit der Organspendern gedankt und neue Spender gewonnen werden sollen.

Highlights in der 25-jährigen Geschichte des Hauses waren die weltweit erste Implantation eines künstlichen Herzens bei einem Kind (1990) oder die Einführung der ersten Rotations-Blutpumpe (1998), eine Technik, die bis heute eingesetzt und weiterentwickelt wird. 2007 entwickelte die kardiologische Klinik des DHZ den Cockpit-Katheter, der vor allem bei Vorhofflimmern Abhilfe schafft. Eine weitere Erfolgsmeldung aus den vergangenen Jahren: Auch hochbetagte Patienten können inzwischen mittels einer neuen Kathetertechnik eine künstliche Herzklappe bekommen, was ihnen mehr Lebensqualität ermöglicht.

Da Roland Hetzer und mit ihm die meisten leitenden Ärzte der Klinik in diesen Tagen auf einem Kardiologenkongress in München sind, soll das Jubiläum erst im Juni während des Weltkongresses für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie gefeiert werden, zu dem das DHZ einlädt. Einen Festakt wird es dann auch wieder geben. Allerdings nicht mehr im Weißen Saal, sondern im Roten Rathaus.

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