zum Hauptinhalt

Berlin: „Die Leute bekommen fürs Geld nichts“

Nach langen Arbeitstagen hat Matthias Schulze noch Flugblätter verteilt. In Nadelstreifen und rotem Schlips zog der 34 Jahre alte Jurist abends durchs Afrikanische Viertel, um die Anwohner für den Bürgerentscheid gegen die Parkgebühren zu mobilisieren.

Nach langen Arbeitstagen hat Matthias Schulze noch Flugblätter verteilt. In Nadelstreifen und rotem Schlips zog der 34 Jahre alte Jurist abends durchs Afrikanische Viertel, um die Anwohner für den Bürgerentscheid gegen die Parkgebühren zu mobilisieren. Der Sprecher der Initiative gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wirkt nicht wie ein Aufwiegler. Die Rolle als Vorkämpfer gegen den Bezirk kommt ihm zuweilen selbst unwirklich vor. Dennoch: „Ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn“, sagt Schulze.

Schulze bewegt sich mit Fahrrad und BVG durch Berlin und leiht sich gelegentlich ein Auto. In der Rosenthaler Vorstadt habe er stets problemlos einen Parkplatz gefunden, sagt er. Deshalb wunderte er sich vergangenes Jahr über die Pläne des Bezirks, vor seiner Haustür eine von drei neuen Parkzonen einzuführen. Auf einer Informationsveranstaltung stritt er darüber mit dem Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Ephraim Gothe (SPD) und sagte, darüber müsste es doch eigentlich einen Bürgerentscheid geben. „Dann machen sie doch einen“, habe Gothe gesagt und gelächelt. Schulze fühlte sich herausgefordert und war plötzlich mittendrin in der Organisation eines Bürgerbegehrens und im Sammeln von mindestens 12 000 Unterschriften. Das gelang rasch und die Enttäuschung über die rot-rot-grüne Bezirkspolitik wuchs. „Das Bezirksamt hat uns jeden Stein in den Weg gelegt“, sagt Schulze.

Der Frust wuchs weiter. Dass die Politik Elemente direkter Demokratie eingeführt hat, sich aber im Zweifel gegen den Volkswillen sträubt, widerspricht Schulzes Grundsätzen. Gutachten des Bezirks über eine verbesserte Parksituation traut er nicht. Seinem eigenen Eindruck, dass es zumindest in seinem Kiez nie ein Problem gegeben habe, schon. „Parkraumbewirtschaftung kann ein sinnvolles Mittel der Verkehrslenkung sein“, sagt Schulze. Am Hauptbahnhof oder Unter den Linden – aber nicht in der Rosenthaler Vorstadt. Dass Anwohner inzwischen nur noch 10,20 Euro jährlich – also gut 80 Cent im Monat – für einen Parkausweis zahlen, konnte Schulze von seinem Vorhaben nicht abbringen. „Die Bürger sollen für etwas zahlen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten“, sagt der Anwalt. „Das sehe ich nicht ein.“ wek

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false