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Berlin: Die muslimische Christdemokratin

Sie selbst sieht sich als liberal-konservativ. 1995 trat Emine Demirbüken in die CDU ein. Landeschef Joachim Zeller möchte, dass die Türkin Berlin im Bundesvorstand der Partei vertritt

Von Sabine Beikler

Bis kurz vor Beginn der CDU-Landesvorstandssitzung am Freitagnachmittag telefoniert Joachim Zeller: Der Berliner Parteichef spricht eifrig mit Parteifreunden aus anderen Landesverbänden. Er braucht dringend Unterstützer für „seine“ Kandidatin Emine Demirbüken-Wegner. Die türkischstämmige Unionspolitikerin soll für die Berliner CDU als Nachfolgerin von Christoph Stölzl in den Bundesvorstand. Doch vor ihrer Nominierung auf der Landesvorstandssitzung muss die Berliner CDU die Mehrheiten gesichert haben: Der Landesverband stellt nur 25 von rund 1000 Bundesdelegierten und ist bei den Vorstandswahlen auf dem Bundesparteitag im Dezember auf fremde Hilfe angewiesen. Zellers Anrufe sind erfolgreich: Die Berliner CDU erhält die notwendige Unterstützung. Auch die Kandidatur von Demirbüken-Wegner verläuft wie geplant: Bei nur einer Gegenstimme nominiert sie der Vorstand am Freitagabend.

In der Partei ist die Kandidatur von Emine Demirbüken-Wegner nicht unumstritten. Die 43-Jährige schert schon mal aus der Parteilinie aus und stößt damit einige Parteifreunde vor den Kopf. Während der unionsinternen Debatte über die Unterschriftenaktion gegen einen EU-Beitritt der Türkei hatte sich Demirbüken-Wegner deutlich für einen Beitritt ausgesprochen. Angeeckt war sie auch wegen ihrer Position zur CDU-Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die sie als „integrationsfeindlich“ bezeichnet hatte. Sie selbst besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft.

Ob die Integration gescheitert ist, will sie pauschal nicht beantworten. „Es gibt eine sehr gut integrierte türkische Schicht“, sagt sie. Aber was erwarte man von hier lebenden Muslimen, die „zu 80 Prozent aus ländlichen Gebieten kommen“ und nicht das „Selbstverständnis“ hätten, Deutsch zu lernen. DemirbükenWegner bemüht sich sehr um differenzierte Aussagen. Auf der anderen Seite kritisiert sie die schlechte finanzielle Ausstattung für Integrationsprojekte. Erfolgreich seien solche Programme nur, wenn sie auf Kontinuität beruhten.

Konsequenz und Härte fordert sie bei islamistischen Hetzern. „Der Hassprediger muss ausgewiesen werden.“ Entschuldigende Worte glaubt sie ihm nicht. Die liberale Muslimin nimmt es „gern in Kauf, Nestbeschmutzerin genannt zu werden“. Und sie fordert, dass sich „vernünftige“ Muslime mehr in der Debatte über Integration zu Wort melden sollten.

Sie hat Überzeugungskraft und viel Kraft, das spürt man, wenn die zierliche Frau in ihrem Wohnzimmer zwischen Spielsachen ihrer neun Monate alten Tochter Serafina von früheren Tätigkeiten erzählt: Germanistik- und Publizistik-Studium, Journalistin im Hörfunk, Sozialarbeiterin und Deutschlehrerin. Und seit 1988 ist sie Integrationsbeauftragte in Tempelhof-Schöneberg.

1995 trat sie in die CDU ein. Sie sei ein „liberal-konservativer“ Mensch, dem Werte wie Familie oder das sich Einsetzen für ältere Menschen sehr am Herzen liegen. Auch sie habe die übliche „Ochsentour“ in der Partei hinter sich, bis Steffel sie vor drei Jahren als „erste türkischstämmige Beraterin“ in sein Wahlkampfteam holte. Den Sprung ins Abgeordnetenhaus schaffte sie aber nicht. Emine Demirbüken-Wegner lebt mit Mann und Tochter in Hermsdorf und arbeitet zurzeit von zu Hause aus. Die Rolle als Frau, Mutter und Berufstätige ist für sie kein Problem: Sie sei ein „Workaholic“ – und noch dazu „sehr selbstbewusst“.

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