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Berlin: Die öffentliche Ente

„Köche – Krone – Kritiker“, das neue Programm des Restaurantzelts „Pomp Duck and Circumstance“, feiert am Donnerstag Premiere

Das neue Jackett, in dem Hans-Peter Wodarz ab dem 2. September allabendlich die Berliner Enten-Fans zu „Pomp Duck and Circumstance“ empfangen will, ist fertig. Doch ob denen der Unterschied auffallen wird? Das maßgeschneiderte Stück aus der Werkstatt des Designers Torsten Amft sieht aus wie alle anderen Jacken, die Wodarz bislang in seiner Glanzrolle als Direktor des kulinarischen Spektakels getragen hat – 13 waren es, alle kreischend rot. Zu jeder Show ließ sich Wodarz bisher ein so persönliches Stück auf den Leib schneidern. Die 14. Premiere heißt „Köche – Krone – Kritiker“ und hat, wie berichtet, am Donnerstagabend am Gleisdreieck Premiere.

Dieser Termin ist kein Zufall. Denn genau 14 Jahre zuvor, am 2. September 1990, hat in München die anscheinend un-ent–liche Erfolgsgeschichte des Restaurant-Theaters begonnen. Von der Weltpremiere gingen seltsame Gerüchte aus: Es hieß, Wodarz’ seltsames Personal – verkappte Sänger, Artisten, Magier und Clowns – schütte den Gästen für deren teures Geld auch noch Suppe über den Anzug; eine Ente, wie sich trotz aller Drastik der Show bald herausstellte. Denn alle Gäste gingen unversehrt und erheitert. Insgesamt weist die Bilanz des Unternehmens inzwischen 1,3 Millionen Besucher an 18 nationalen und internationalen Gastspielorten aus, davon 250000 in Berlin. Hier gastierte Wodarz bereits 1994, bevor er sich daran machte, Amerika zu erobern. Doch der mit viel Hoffnung gestartete Anlauf im Rahmenprogramm der Olympischen Spiele in Atlanta 1996 endete im Finanzdesaster. Wodarz brauchte lange, um sich von diesem Rückschlag zu erholen, das Kapitel Amerika dürfte endgültig abgeschlossen sein.

Denn geht es nach ihm, werden sich wohl künftig alle Enten-Anhänger weltweit zum Gleisdreieck bemühen müssen. Dreieinhalb Jahre ist er nun mit seinem Spiegelzelt schon dort, hat seinen Frieden gemacht mit den hiesigen Gastronomen, die die Konkurrenz fürchteten und alljährlich um ihr Weihnachtsgeschäft fürchteten. „Wir wollen gar nicht mehr weg von dem Platz“, sagt Wodarz jetzt, „auch nicht, wenn das Riesenrad kommt.“ Er wäre vermutlich der Erste, der hochfahren und in 170 Meter Höhe ein Entenmenü servieren würde.

Die Premiere am Donnerstag zeigt die aufwändigste Show, die je bei „Pomp Duck and Circumstance“ geprobt wurde. Und diese Proben werden auch die bislang öffentlichsten sein, denn von der ersten Probe bis zur Premiere von „Köche – Krone – Kritiker“ hat das RBB-Fernsehen den Enten-Leuten für eine Doku-Soap auch hinter den Kulissen auf die Finger gesehen.

Die Idee für das 14. Spektakel, in dem es diesmal den gefürchteten Restaurantkritikern auf die üblich chaotische Art ans Eingemachte geht, kam Wodarz und seinem Regisseur Arthur Castro bei einem Arbeitstreffen auf Hiddensee – „scheußliches Essen“, sagte er knapp beim Pressegespräch zur neuen Show.

Um deren Gelingen bemühen sich 102 Künstler aus 23 Nationen – natürlich mit vielen bekannten Pomp-Protagonisten aus vergangenen Shows. Chin Meyer beispielsweise muss diesmal die Steuerfahnder-Aktentasche weglegen und sich als Berliner Edelgastronom Gustave L’ackaffe profilieren. Man ahnt, dass er mit den Kritikern hart ins Gericht gehen wird – während die echten Köche im Hintergrund hunderte von Enten in bewährter Qualität auf die wie immer zu engen Tische im Zelt tragen lassen.

Heidemarie Mazuhn

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