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Stochern im Nebel. Mario K. soll laut Anklage einen Millionär entführt und eine Unternehmerfamilie überfallen haben. Er bestreitet das.

© picture alliance / dpa

Prozess im Fall des Maskenmanns: Die Polizei widerspricht der Polizei

Wurde im Maskenmann-Fall manipuliert und getäuscht? Das ist die Frage, die alle nach der spektakulären Entführung bewegt. Für den einstigen Soko-Chef ist die Antwort klar.

Der Zeuge betritt den Saal 007 und stoppt nach einem Meter. Dann begrüßt er die Anwesenden lächelnd mit einer kurzen Verbeugung. Eine nette Geste, so etwas sieht man selten beim Maskenmann-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt/Oder. Aber schon fünf Minuten später ist es an diesem Dienstag vorbei mit der zurückhaltenden Höflichkeit. Denn der Zeuge ist der Kriminaldirektor K., früher mal Leiter der Soko, die den Überfall und die Entführung eines Millionärs in Storkow aufklären sollte, und er wollte jetzt sehr deutlich etwas klarstellen. „Ich habe nie eine Anweisung gegeben, dass entlastendes Material aus einem Bericht entfernt werden soll oder dass es dort nicht auftauchen soll.“

Nicht im Fall des Angeklagten Mario K., der auch noch eine Unternehmerfamilie aus Berlin überfallen haben soll, auch nicht in anderen Fällen. „Nie.“ Das, sagt der Zeuge K. gefährlich leise, „geht gegen meine persönliche Ehre und beschädigt das Ansehen meines Amts“.

Gab es Manipulationen?

Den Vorwurf hatte eine Kriminalbeamtin geäußert. Sie will es von einer Kollegin gehört haben, der K. eine solche Anweisung gegeben haben soll. Der Antrag auf Haftbefehl gegen Mario K. sei mithin manipuliert worden. Doch die angesprochene Kollegin hat im Maskenmann-Prozess bereits erklärt, dass es so ein Gespräch mit K. nie gegeben habe.

Diesen Punkt hat der Zeuge also relativ rasch abgehandelt. Viel länger muss er sich am Dienstag mit einem anderen Punkt beschäftigen: Warum hatte er, als Leiter der Soko, den entführten Millionär T. nicht rechtsmedizinisch untersuchen lassen? Das interessiert Verteidiger Axel Weimann brennend. Der Millionär hatte sich nach eigener Aussage selber befreit. Unmittelbar nach seinem Auftauchen befragten ihn Kriminalbeamte, darunter auch der Zeuge K. Könnte es nicht sein, dass die Entführung schlicht vorgetäuscht war? Immerhin hatte ein Kriminalbeamter vor Gericht erklärt, dass er Zweifel an der Entführungsgeschichte habe. Wer könne denn schon eine Stunde lang im eiskalten Wasser des Storkower Sees an einem Kanu hängend durchs Wasser gezogen werden, ohne massive Unterkühlungen zu haben?

Die Kernaussage von Zeuge K. zu diesem Vorwurf ist schlicht: Es gab keinerlei Hinweise auf eine erfundene Geschichte. Und deshalb habe er damals seinen Kollegen auch erklärt: „Es wird nicht wegen einer vorgetäuschten Tat ermittelt.“ In diesem Punkt habe er sich eng mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt.

War die Entführung etwa vorgetäuscht?

Für seine Sicht der Dinge zählt er gleich mehrere Gründe auf. Zum Beispiel habe es genügend andere Indizien und Aussagen gegeben, die eine Entführung bestätigt hätten. Und da hatte man ja noch dieses abgehörte Telefongespräch, einen Tag nach dem Auftauchen des Millionärs. Die Kripo belauschte T. und K. hörte, dass der Millionär immer noch nicht in der Lage war, einen normalen Satz zu formulieren.

Und, ja klar, natürlich habe es in der Schilderung von T. über den Tatablauf Lücken und offene Fragen gegeben, „das versteht ja jeder“. Aber das sei doch normal, immerhin habe da einer in Lebensgefahr geschwebt. „Außerdem waren ihm Augen und Ohren verklebt, er konnte ja nichts richtig wahrnehmen.“

Sein Kollege S. freilich, in der Dienststellung gleichrangig mit K., sah das anders. Eine Woche nach der Erstbefragung des Millionärs kamen ihm Zweifel an der Darstellung. Deshalb sprach er mit seinem Kollegen K. Am Dienstag erklärt der Zeuge K., dass sein Gespräch mit S. „kollegial verlaufen“ sei, ohne Dissens. Dass noch ein Beamter Zweifel an der Version hatte und eine Untersuchung befürwortete, habe er nicht gewusst. Und überhaupt: Der Kollege S. hätte ja jederzeit selber eine rechtsmedizinische Untersuchung anordnen können. Aber das habe er in internen Sitzungen nie angesprochen. Ob eine solche Untersuchung so spät überhaupt noch sinnvoll hätte vorgenommen werden können, ist eine andere Frage.

Im März 2013 wandten sich Beamte, die mit dem Fall befasst waren, vertraulich an einen Vorgesetzten des Soko-Leiters. Sie beklagten, dass es keine zeitnahe Untersuchung gegeben habe. Erst danach, sagt K., habe er erfahren, dass es mehrere Zweifler an der Entführungsversion gebe. Die konspirative Intervention hat ihn zwar menschlich und dienstlich „befremdet“, inhaltlich aber nicht. „Ich würde auch heute wieder so entscheiden.“

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