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Berlin: Die Region wird mit großem finanziellen Aufwand auf die erhofften Gäste vorbereitet

Langsam entfernt sich die "Anneliese" von der Anlegestelle in Eberswalde. Gelenkt von Kapitän Frank Neumann schippert der 93 Jahre alte, zum Touristenboot umfunktionierte Lastkahn gemächlich auf dem Finowkanal - vorbei an Wiesen, Wäldern und Häusern bis zur nächsten Schleuse.

Langsam entfernt sich die "Anneliese" von der Anlegestelle in Eberswalde. Gelenkt von Kapitän Frank Neumann schippert der 93 Jahre alte, zum Touristenboot umfunktionierte Lastkahn gemächlich auf dem Finowkanal - vorbei an Wiesen, Wäldern und Häusern bis zur nächsten Schleuse. Ist die 50 Kilometer lange, idyllische Wasserstraße zwischen Havel und Oder schon jetzt das touristische Herzstück der nordostbrandenburgischen Region, soll sie sich in den kommenden Jahren zu einem besonders beliebten Besuchermagneten entwickeln.

Der Ausbau des 250 Jahre alten Kanals ist eines der ambitioniertesten Tourismusprojekte im Nordosten Brandenburgs. Bis zum Jahr 2010 sollen nicht nur mehrere der zwölf Schleusen sowie eine Hubbrücke saniert werden. Auch das Angebot an Rast- und Campingplätzen, Radwegen und weiteren Freizeitangeboten entlang dem Ufer soll deutlich erweitert werden.

An dem Vorhaben sind neben Eberswalde zwölf weitere Städte und Kommunen beteiligt. "Das ist bisher einmalig in Brandenburg", betont der Eberswalder Bürgermeister Reinhard Schulz stolz. Beachtlich ist auch die Fördersumme von 41,5 Millionen Mark, die von der Bundesrepublik, dem Land Brandenburg sowie dem Landkreis Barnim für den Finowkanal aufgebracht werden.

Weiter nördlich wird ebenfalls kräftig in den Fremdenverkehr investiert. So entsteht für rund 72 Millionen Mark am südlichen Stadtrand von Templin ein Thermal- und Erlebnisbad, die dem 14 000-Seelen-Ort in der Uckermark zum Status "Kur- und Bäderstadt" verhelfen soll. Unter dem Namen "NaturThermeTemplin" sollen auf einer Fläche von mehr als 9500 Quadratmetern unter anderem Spaßbäder, Saunalandschaften und Therapieräume für Haut- und Atemwegserkrankungen geschaffen werden. Auch hier ist der öffentliche Förderanteil mit rund 70 Prozent beträchtlich.

Die Investitionen in den Fremdenverkehr im Nordosten erscheinen lohnenswert, befindet sich doch der Tourismus in Brandenburg generell auf gutem Wege. Davon zeugen zumindest die neuesten Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium. "In den ersten fünf Monaten hatten wir im Vergleich zum Vorjahr 6,6 Prozent mehr Übernachtungen", sagt Tourismusreferatsleiter Ulrich Hager. Dies sei auch ein Verdienst der Anfang vergangenen Jahres gegründeten Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB). Mit 90 Millionen Besuchern im vergangenen Jahr sei aber immer noch der Tagestourist dominierend. Immerhin jeder zweite kommt aus Berlin.

Wachsende Aufmerksamkeit dürfte die Branche den jungen Urlaubern schenken. So waren 1998 rund ein Fünftel aller Übernachtungsgäste Kinder und Jugendliche - mit deutlich steigender Tendenz in diesem Jahr.

Da kommt Einrichtungen wie der Europäischen Jugenderholungs- und Begegnungstätte (EJB) am südöstlichen Ufer des Werbellinsees eine wachsende Bedeutung zu. Die sich auf 150 Hektar erstreckende Ferienanlage, die 1952 als "Pionierrepublik Wilhelm Pieck" gegründet wurde, ist eine der größten ihrer Art in Deutschland. Seit 1990 gehört sie dem Land Brandenburg, wurde allerdings Anfang Juni zur Privatisierung ausgeschrieben. Zwar kann die jetzige Betreibergesellschaft, die auch zu den Bewerbern gehört, mit jährlich 120 000 bis 140 000 Gästen weitgehend kostendeckend arbeiten. Dennoch ist man in diesem Jahr für den Unterhalt der Herbergsgebäude auf Landesmittel in Höhe von 400 000 Mark angewiesen.

"Die Privatisierung wird für uns ein Sprung ins kalte Wasser sein", sagt Reinhard Meyer, einer der fünf Gesellschafter. Andererseits ergäben sich auch positive Perspektiven: Wenn das Land Brandenburg nicht mehr Eigentümer der einstigen Pionierrepublik sei, könne man ganz andere Fördertöpfe, etwa von Bund und Europäischer Union, anzapfen.

Thomas Riebesehl

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