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Berlin: Die Rettung vor dem Nichts

An Silvester brannte die Wohnung von Familie Friede völlig aus. Geschäfte in den Gropiuspassagen sammelten

Birgit Friede stand mitten in der Menschenmasse am Brandenburger Tor, als ihr Telefon klingelte: „Birgit, deine Wohnung brennt, kommt sofort nach Hause“, sagte ein Nachbar. Die 40-jährige Birgit und ihr 45-jähriger Mann Manfred wollten mit den vier Kindern am Brandenburger Tor Silvester feiern. Währenddessen hatte eine Rakete die Markise über dem Balkon ihrer Vier-Zimmer-Wohnung in Neukölln getroffen. Die Markise fing Feuer, die Fenster zerbarsten. Zuerst fing eines der Kinderzimmer Feuer, schließlich brannte die ganze Wohnung in der Johannisthaler Chaussee 132 völlig aus.

„Am Anfang war das alles wie ein Film“, sagt Birgit Friede, „aber mittlerweile kann man langsam wieder klar denken.“ Alles wurde von den Flammen verschlungen, Papiere, Möbel, die gesamte Einrichtung – und auch die Weihnachtsgeschenke blieben nicht verschont. Das Schlimmste aber ist: Familie Friede hat keine Hausratversicherung. Ihr wird nichts erstattet. Manfred Friede ist seit einem Wirbelsäulenbruch vor fünf Jahren arbeitsunfähig, Birgit Friede arbeitslos.

Neben dem Verlust ihrer gesamten Habe wurden die Friedes auch mit einem Schlag obdachlos. Die nahe gelegene Kirchengemeinde Martin-Luther-King half erst einmal aus, die sechsköpfige Familie zog in die Gästewohnung ein. Diese besteht allerdings nur aus eineinhalb Zimmern. „Das ist natürlich vor allem für die Kinder problematisch“, sagt Birgit Friede, „Hausaufgaben für die Schule können die Kinder hier eigentlich gar nicht machen. Aber die Gemeinde kümmert sich rührend um uns, das hilft schon sehr.“ Drei der vier Kinder gehen in die Schule: die Zwillinge Angelina und Nico sind 13 Jahre alt, Tochter Charlene zwölf. Die Krankenversicherungskarten haben sich Friedes in der letzten Woche organisiert, als nächstes müssen sie sich eine neue Wohnung suchen.

Die Renovierung der alten Wohnung wird drei Monate dauern, aber die Familie will nicht mehr zurück: „Das wäre sicher auch mit psychologischen Problemen verbunden. Außerdem wollen wir nicht so lange warten, bis unsere alte Wohnung renoviert ist“, sagt Birgit Friede.

Neben der Suche nach einem neuen Zuhause müssen die Friedes natürlich viele Behörden abklappern. „Das ist schon ein Full-Time-Job, ständig fallen einem neue Sachen ein, die noch zu erledigen sind.“

Damit die Friedes nicht in eine leere Wohnung einziehen müssen, haben die Geschäfte in den Gropius-Passagen angefangen zu sammeln. Die Friedes haben eine Liste mit den Dingen zusammen gestellt, die sie dringend benötigen. Center-Manager Jens Kierbach versucht, die Wünsche zu erfüllen. „Die Geschäfte geben alle viel, da muss ich eher darauf achten, dass nicht manche Sachen doppelt vorhanden sind. Die Liste ist schon fast abgearbeitet.“ Von der Waschmaschine über Töpfe und Geschirr bis zum Computer für die Kinder ist vieles beisammen. Leider gibt es in den Gropiuspassagen kein Möbelgeschäft.

Die großzügige Unterstützung der Gemeinde, der Nachbarn und der Spender hilft der sechsköpfigen Familie, positiv in die Zukunft zu schauen. „Wir sind eine sehr intakte Familie, alle haben sich mittlerweile wieder gefangen“, sagt Birgit Friede, „ich habe vor allem bei den Kindern gedacht, dass der große Zusammenbruch noch kommt, aber alle helfen und halten gut zusammen. Die Kinder schauen jetzt nach vorne, genau wie wir.“

Falko Müller

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