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Berlin: Die Rückkehr des Verdrängten

Frank Steffel macht wieder ganz vorne mit in der Berliner CDU. Und er weiß, wen er gewinnen will

Er sitzt nur eine Reihe weiter vorne im Berliner Abgeordnetenhaus und hat doch so etwas wie einen großen Sprung gemacht: Frank Steffel ist wieder da. Er ist wieder wer in der Berliner Politik. Friedbert Pflüger hat ihn geholt. Pflüger sitzt im Halbrund des Preußischen Landtags auf dem Stuhl vor Steffel; er ist der Chef der CDU-Fraktion, Steffel ist sein Stellvertreter. Er will sich um Wirtschaftspolitik kümmern, dazu fühlt er sich als Unternehmer berufen. Sport interessiert ihn auch, er ist Sportler und Präsident der Reinickendorfer Füchse. Und er will mitarbeiten an dem, was die CDU jetzt dringend braucht: eine Strategie für die Zeit in der Opposition, die den Leuten den Eindruck vermittelt, dass diese Opposition auch Regierung werden könnte.

Nicht bloß das frische Vertrauensverhältnis verbindet Steffel und Pflüger, auch die Erfahrung brutaler Niederlagen. Bis zum 17. September 2006 war Frank Steffel in der Berliner CDU die Personifizierung des schlechtesten Wahlergebnisses der Nachkriegszeit. Mit 23,8 Prozent ging die CDU in die Opposition – nach Jahren, in denen ein Eberhard Diepgen für 40-Prozent-Ergebnisse gut gewesen war. Jetzt holte Pflüger, Steffels Nachfolger als Spitzenkandidat, 21,3 Prozent.

Dass Steffel nun wieder da ist, überrascht ihn selbst, was man ihm durchaus abnehmen kann. Er war nie einer, der bei allen gleich gut ankommt, weder der Typ Schwiegersohn noch vom Nettigkeitskaliber eines Günter Jauch. Steffel, der Unternehmer und Macher, vor einem halben Jahr 40 geworden, ist auch kein Wortliebhaber oder Begriffsgourmet. Die Frage, ob er polarisiere und woran das liege, beantwortet er mit dem Bild von „Feuer und Wasser“. Soll heißen: Die einen mögen ihn gleich, die anderen mögen ihn nie. Der Grund? Junge Leute mit Erfolg polarisierten nun mal, sagt Steffel. Erfolgreich konnte man ihn durchaus nennen, damals: ein mittelständischer Unternehmer aus Reinickendorf, der vom Vater einen nicht ganz kleinen Betrieb für Raumausstattung übernommen hat, einer der Schützlinge Klaus Landowskys in der CDU-Fraktion – dann Spitzenkandidat und einer, der sich im Sommer 2001 zutraute, die vom Bankenskandal schwer angeschlagene CDU aus der Krise zu führen.

Ganz unten war Steffel erst 2003, erst damals war die Niederlage vollständig. Er gab den Fraktionsvorsitz ab. Verlierer, das lernte er damals, polarisieren nicht. Verlierer werden zu Objekten schlechter Nachrichten oder übler Nachrede. Steffel las von seiner angeblich ruinierten Ehe – er ist noch immer mit seiner Frau zusammen. Er las von seinem ruinierten Unternehmen – inzwischen arbeiten 700 Leute für ihn. In Deutschland, sagt er, „sind wir Marktführer“. Dann sagt er noch, er habe sich nie in Berlin um einen öffentlichen Auftrag beworben.

Die Berliner Politik und ihre Niederlage verbucht Steffel schlicht unter „Lebenserfahrung“. Ein bisschen grauer ist er geworden, die Falten sind ein wenig tiefer. Das Gesicht, das manche offen und freundlich finden, andere glatt und unsympathisch, wirkt nicht mehr so smart wie vor fünf Jahren. Der politische Ehrgeiz, die Lust am Mitmischen, ist geblieben, die ganze Zeit über – vielleicht ist beides noch stärker geworden. Nein, „ein Ehrgeizling“ sei er nicht, sagt Steffel von sich. Diszipliniert sei er, fleißig, engagiert. Er könne seine Leute motivieren und wisse, dass man sie dann auch „alleine laufen lassen“ müsse.

Die Jahre nach 2003 haben seinen Unternehmerehrgeiz befriedigt – der Politiker Frank Steffel war unterfordert. Das merkt jeder, der mit ihm über Politik redet. Immerhin hat er in Reinickendorf das beste Erststimmenergebnis der CDU geholt. Wenn er jetzt über Hartz IV und die Ungerechtigkeit spricht, wird seine Stimme lauter – Steffel ist sozusagen immer im Wahlkampf.

Der Mann will ankommen bei den Leuten. Seine Konzept ist – auf zwei Begriffe gebracht – Wirtschaft und Sozialstaat. Für CDU-Verhältnisse ist er links, was die Verantwortlichkeit des Staates anbelangt. Die FDP steht für „soziale Kälte“ – und von seinem Reinickendorf und seinem Berlin weiß Steffel: „Die Menschen wollen das nicht.“

Sein Plan ist der, den auch Friedbert Pflüger gern mal skizziert, oder dessen anderer Stellvertreter, Michael Braun. „Schwarz-Grün“ steht über diesem Plan. Das sei „inhaltlich und gesellschaftlich interessant“, sagt Steffel. Wie interessant, das wird sich in den kommenden Monaten erweisen. Doch zumindest im Abgeordnetenhaus haben die Aversionen, die CDU und Grüne lange voneinander fernhielten, spürbar abgenommen.

Gemeinsamkeiten werden sich zeigen müssen, doch gibt es Leute, die das schwarz-grüne Projekt voranbringen wollen. Zum Jahresempfang der Reinickendorfer CDU sei als Redner Fritz Kuhn von den Grünen eingeladen, sagt er beiläufig. Der Grünen-Chef in der CDU-Hochburg? Steffel lächelt in sich hinein. Der Mann hat noch etwas vor.

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