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Berlin: Die S-Bahn-Aufsicht wird abgefertigt

Kameras ersetzen das Personal auf vielen Bahnsteigen. Die Fahrer kontrollieren dann selbst per Monitor, ob der Zug starten kann

Noch fühlen sich 98 Prozent der Fahrgäste bei der S-Bahn tagsüber auf den Bahnhöfen sicher; nachts sind es immerhin noch 71 Prozent. Diese Umfrage-Werte, auf die die S-Bahn stolz ist, könnten sich demnächst ändern, denn etwa gut die Hälfte der 164 Stationen wird in Zukunft ohne Personal sein. Bei der U-Bahn hatte der Abzug der Zugabfertiger das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste verschlechtert. Der Vandalismus und auch die Zahl der Einbrüche in Kioske haben zugenommen.

Doch die S-Bahn muss sparen. Deshalb zieht auch sie ihre Aufsichten von vielen Bahnhöfen ab. Die Züge werden dann – ebenfalls wie bei der U-Bahn – von den Fahrern selbst abgefertigt. Die Testphase ist abgeschlossen. Auf fünf Bahnhöfen der Linie S 1 wird das System jetzt in der Praxis erprobt. Dabei steht die S-Bahn unter Zeitdruck. Der Senat hat ihr den Zuschuss um 48 Millionen Euro pro Jahr gekürzt, wobei 22 Millionen Euro allerdings noch strittig sind. Durch die Kürzung der Zuschüsse muss die S-Bahn nun ihren Betrieb schnell rationalisieren – und dazu gehört die Abschaffung der Aufsichten auf den Bahnhöfen.

Da hilft es auch nichts, dass SPD und PDS in ihrem Koalitionsvertrag noch vereinbart hatten: „Der öffentliche Nahverkehr muss attraktiv und bezahlbar sein. Pünktlichkeit, Sicherheit, Sauberkeit und guter Service müssen von den Berliner Verkehrsunternehmen sichergestellt werden. Ziel ist es, alle Berliner Bahnhöfe mit Personal zu besetzten.“

So weit wie die BVG will die S-Bahn nach Angaben ihres Sprechers Ingo Priegnitz bei den personalfreien Bahnhöfen aber nicht gehen. Bei der U-Bahn sind derzeit nur die Stationen mit lediglich einem Ausgang aus Sicherheitsgründen sowie einige der großen Bahnhöfe ständig mit Personal besetzt. Bei der S-Bahn solle es, so Priegnitz, auch in Zukunft auf etwa der Hälfte der Bahnhöfe Mitarbeiter geben. Dazu zählen auch die Mitarbeiter in den Verkaufsschaltern und Kundenzentren. Wichtig sei, so Priegnitz, dass es auf dem Bahnhof Mitarbeiter gebe und die Kunden einen Ansprechpartner fänden. Diese müssten nicht unbedingt stets auch auf dem Bahnsteig anzutreffen sein.

Auf 23 Umsteigebahnhöfen bleiben Mitarbeiter auch in den Aufsichtsgebäuden präsent, wo sie sich vorwiegend um die Information der Fahrgäste kümmern sollen, wie Priegnitz sagte. Diese 23 Bahnhöfe sind mit dem neuen „rechnergestützten Zuglaufüberwachungssystem“ ausgestattet, durch das die Mitarbeiter die Fahrgäste bei Verspätungen unmittelbar informieren können. Deshalb bleibt hier auch das Personal.

Andere Wege als die U-Bahn geht die S-Bahn auch bei der Abfertigung der Züge. Bei der BVG überwachen die Fahrer das Ein- und Aussteigen per Spiegel oder Monitor, die auf dem Bahnsteig stehen. Die S-Bahn überträgt die Bilder direkt in den Führerstand der Züge. Auf einem Monitor können die Fahrer vier Einzelbilder sehen. Vier Kameras sind jeweils auf den Bahnsteigen angebracht.

Auf der S 1 erprobt die S-Bahn ihr neues System unter verschiedenen Bedingungen. Die Premierenbahnhöfe liegen entweder in einer Kurve, haben erhebliche Hell- und Dunkelkontraste oder eine starke direkte Sonneneinstrahlung. So will man die optimale Technik finden. Denn eines sei klar, macht Priegnitz deutlich: „An der Fahrerselbstabfertigung und der damit verbundenen Ablösung der meisten Aufsichten führt kein Weg vorbei.“

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